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Vertrauensfragen in der Groko: Annegret Kramp-Karrenbauer und Andrea Nahles kämpfen um ihre Autorität

Merkel zweifelt an AKK's Eignung – SPD-Chefin Nahles sucht die Machtprobe in der Bundestagsfraktion und löst heftige Kritik aus.

Annegret Kramp-Karrenbauer und Andrea Nahles müssen gegen den Verfall ihrer Autorität ankämpfen. Die Vorsitzenden der Regierungsparteien CDU und SPD sehen sich wegen ihres Umgangs mit der Wahlniederlage vom Sonntag massiver Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Beide Parteien hatten bei der Europawahl schwere Verluste erlitten. Zusammen büßten sie fast 18 Prozentpunkte ein.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer steht seit Montag vor allem wegen ihrer Äußerungen zur „Meinungsmache“ im Internet und zu möglichen Wahlkampfregeln für Youtuber unter Druck. Die CDU-Politikerin hatte mit Blick auf den Ausgang der Europawahl den Aufruf von 70 Youtubern kritisiert, nicht CDU oder SPD zu wählen. „Und die Frage stellt sich schon mit dem Blick auf das Thema Meinungsmache: Was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich?" fragte sie und fügte hinzu, die CDU werde diese Diskussion „sehr offensiv angehen.“

Kramp-Karrenbauers Ankündigung war als Angriff auf die Meinungsfreiheit verstanden worden

Die Ankündigung war von vielen als Angriff auf die Meinungsfreiheit verstanden worden. Auch in der CDU wurden die Überlegungen der Voristzenden zurückgewiesen. Parteivize Armin Laschet betonte auf Twitter, jeder habe „das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“.

Der Vorgang nährt die Zweifel in der CDU, ob Kramp-Karrenbauer die Voraussetzungen mitbringt, um Bundeskanzlerin Angela Merkel nachzufolgen. Merkel selbst ist nach einem Bericht der Finanzagentur Bloombergs enttäuscht von ihrer Nachfolgerin an der CDU-Spitze. Die schwindende Zustimmung in Umfragen, Kramp-Karrenbauers gescheiterter Versuch, sie früher aus dem Kanzleramt zu vertreiben, und die Verluste bei der Europawahl hätten Merkel zu der Einschätzung veranlasst, dass Kramp-Karrenbauer möglicherweise für die Aufgabe ungeeignet sei, heißt es in dem Artikel, der sich auf zwei Vertraute Merkels beruft.

Nahles' Vorziehen der Wahl zum Fraktionsvorsitz löst Unverständnis in der SPD aus

Auch die Eignung der Vorsitzende der zweiten Regierungspartei, der SPD, steht seit der Wahlniederlage vom Sonntag noch stärker in Zweifel als zuvor. Als Reaktion auf Berichte über einen möglichen Putsch gegen sie in der Fraktion hatte Nahles am Montagabend angekündigt, die für Herbst vorgesehene Neuwahlen der Fraktionsvorsitzenden vorzuziehen.

In Teilen der Partei stieß dies auf Unverständnis und harte Kritik. „Es ist zu befürchten, dass das an der Stimmungslage der Partei und der Erwartungshaltung unserer Wählerinnen und Wähler total vorbeigeht", warnte der Chef der NRW-SPD, Sebastian Hartmann, im „Spiegel“. Dies sei „genau das parteiinterne, taktisch gedachte Muster", das die SPD nicht retten werde. Auch Ex-Parteichef Martin Schulz kritisierte den Vorstoß. "Wir sollten Ruhe bewahren und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit treffen", mahnte er in der „Zeit“. Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Ich würde Andrea Nahles unbedingt zum Verzicht auf den Fraktionsvorsitz raten. Sie kann für die SPD kein Zugpferd mehr werden.“ Er sehe „aber niemanden in der SPD, der das Ruder herumreißen könnte“. Nach Ansicht Jungs hat die große Koalition ihre Legitimation verloren. „Der Ansehensverlust in der Bevölkerung ist zu groß“, sagte er: „Deshalb wäre es besser, wenn wir jetzt einen Schlussstrich ziehen und das Bündnis beenden."

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