Neujahrsansprache der Kanzlerin: Angela Merkel warnt vor "Hass im Herzen" bei "Pegida"
Deutschland muss Flüchtlingen, die bei uns Schutz suchen, helfen, sagt Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache - und warnt in deutlichen Worten vor "Pegida". Auch Berlins Regierender Michael Müller wirbt für Mitmenschlichkeit.
Zum Jahreswechsel haben Deutschlands Politiker zu mehr Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen, die ihre Heimat wegen Kriegen oder Krisen verlassen müssen. "Es ist selbstverständlich, dass wir ihnen helfen und Menschen aufnehmen, die bei uns Zuflucht suchen", betonte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer vorab verbreiteten Neujahrsansprache, die Sie hier im Wortlaut lesen können. Viele Flüchtlinge seien "buchstäblich dem Tod entronnen". Für Deutschland sei es wichtig, dafür zu sorgen, dass die Kinder Verfolgter hier ohne Furcht groß werden können.
Ausdrücklich warnte Merkel vor der Teilnahme an Demonstrationen wie die der "Pegida" in Dresden, die seit Wochen montags stattfinden. Die Initiatoren dieser Demonstrationen riefen zwar in Erinnerung an die Montagsdemonstrationen zum Ende der DDR "Wir sind das Volk", sagte Merkel. Tatsächlich aber grenzten sie Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder Religion aus. "Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen!", warnte die Bundeskanzlerin, zu oft seien "Vorurteile, Kälte, ja, sogar Hass in deren Herzen!"
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) warb angesichts der hohen Flüchtlingszahlen um Mitmenschlichkeit. "Die brauchen besonders Menschen, die bei uns vor Krieg und Terror Zuflucht suchen" betonte Müller. Gerade eine Stadt wie Berlin wisse, wie wichtig Hilfe in Not sei. "Auch wenn es für viele Nachbarschaften neue Herausforderungen und auch Verunsicherung mit sich bringt, heißen wir die Flüchtlinge willkommen und stellen uns den populistischen Strömungen mit ihren einfachen und oft menschenverachtenden Parolen entgegen", erklärte Müller.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) appellierte an die Deutschen, offen gegenüber Flüchtlingen zu sein und Mitgefühl zu zeigen. Vor dem Hintergrund islam- und asylfeindlicher Proteste sagte Woidke, er wisse um die Ängste vieler Menschen vor dem Unbekannten. Flüchtlinge jedoch hätten viel auf sich genommen, um sich in Sicherheit zu wissen. Es gebe daher "nicht wirklich Grund, Angst zu haben", sagte der SPD-Politiker, "aber es gibt jede Menge guter Gründe, Mitgefühl zu zeigen".
Ramelow: Zuwanderung als Chance begreifen
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte die Menschen zu einer größeren Offenheit gegenüber Zuwanderern auf. Thüringen "als Heimat des klassischen humanistischen Denkens" habe auch die Pflicht, in Neubürgern die Bereicherung zu erkennen, sagte der Regierungschef in Erfurt. "Begreifen wir diese Herausforderung als gemeinsame Chance und nicht als Problem", fügte der Linken-Politiker hinzu.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hob in seiner Neujahrsansprache die Bedeutung von Einwanderung für Sachsen hervor. "Das Kultur- und Wirtschaftsland Sachsen ist auch durch Zuwanderer groß geworden", sagte er. "Immer dann, wenn Sachsen sich der Welt geöffnet hat, ging es uns gut", mahnte Tillich und rief zur Integration von Zuwanderern auf.
"Sicherheit mit Russland, nicht gegen Russland"
Mit Blick auf die Ukraine-Krise sagte Kanzlerin Merkel, es stehe völlig außer Frage, "dass wir Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland wollen, nicht gegen Russland. Aber ebenso steht völlig außer Frage, dass Europa ein angebliches Recht eines Stärkeren, der das Völkerrecht missachtet, nicht akzeptieren kann und nicht akzeptieren wird". Europa habe sich entschlossen, sich nicht spalten zu lassen, sondern die Herausforderung gemeinsam mit den transatlantischen Partnern anzunehmen, lobte Merkel. (mit epd)