Treffen mit Poroschenko in Kiew: Angela Merkel steht zur Ukraine
Die Kanzlerin stellt sich demonstrativ an die Seite des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und verspricht 500 Millionen Euro Kreditbürgschaften. Auch in Richtung Wladimir Putin äußert sie klare Worte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Ukraine bei ihrem ersten Besuch in Kiew seit Beginn der Krise finanzielle und politische Unterstützung Deutschlands zugesichert. Eine Kreditbürgschaft über 500 Millionen Euro solle dabei helfen, private Investitionen in die Infrastruktur des Landes zu ermöglichen, sagte Merkel nach einem Treffen mit Staatschef Petro Poroschenko.
Merkels Kurzvisite in Kiew, während im Osten des Landes Regierungstruppen und von Russland unterstützte Separatisten weiter gegeneinander kämpften, wurde als klares Bekenntnis zur Ukraine verstanden – was Poroschenko schon zu Beginn des Treffens entsprechend würdigte: Die Kanzlerin sei eine „gute Freundin und gute Anwältin der Ukraine“, sie sei die EU-Politikerin, die die Probleme der Ukraine am besten verstehe. Merkel wiederum betonte: „Die territoriale Integrität und das Wohlergehen der Ukraine sind ein wesentliches Ziel der deutschen Politik.“ Immer wieder war in den vergangenen Wochen in Polen, im Baltikum, aber auch in der Ukraine kolportiert worden, Merkel verhandle heimlich mit Kremlchef Wladimir Putin über einen Friedensplan, der die Anerkennung der russischen Annexion der Schwarzmeer- Halbinsel Krim im März beinhalte.
Merkel machte klar, dass Deutschland die Annexion nicht anerkenne. „Die Annexion der Krim ist Unrecht“, sagte sie. „Deshalb werden wir Unrecht weiter als Unrecht beim Namen nennen.“ Sie reagierte damit auf Äußerungen von Vizekanzler Sigmar Gabriel, die in Kiew Besorgnis ausgelöst hatten. Der SPD-Politiker hatte der „Welt am Sonntag“ gesagt, es sei nicht damit zu rechnen, dass die Eingliederung der Halbinsel in die Russische Föderation „schnell rückgängig gemacht“ werden könne. Poroschenko dankte Merkel für ihre „entschlossene Haltung zur Krim“.
Forderungen an Wladimir Putin
Berlin wird nach Angaben Merkels weiterhin auf einen „zweiseitigen Waffenstillstand“ drängen. „Wir werden alles daran setzen, eine diplomatische Lösung zu finden“, sagte sie. Gleichzeitig forderte sie Putin auf, mit an einer Friedenslösung zu arbeiten: „Alleine kann man keinen Frieden machen.“ Mit einer offenen Grenze, „über die Waffen aus Russland kommen“, gehe das nicht. Notfalls werde Europa den Druck auf Moskau erhöhen: „Natürlich können wir nicht ausschließen, wenn es nicht weitergeht, dass wir weiter über Sanktionen nachdenken.“ Für das militärische Vorgehen der Ukraine gegen die Separatisten signalisierte Merkel Verständnis. Sie sprach von „militärischen Auseinandersetzungen, die heute leider notwendig sind“. Merkel erklärte außerdem, Deutschland werde 25 Millionen Euro für den Bau von Flüchtlingsunterkünften bereit stellen. Schätzungen zufolge sind in der Ostukraine Hunderttausende auf der Flucht; viele sind in westliche Regionen des Landes geflüchtet. „Wir erleben heute den Beginn eines Marshall-Plans für die Ukraine“, sagte Poroschenko. „Krieg ist nicht unsere Wahl, er wurde uns von außen aufgedrückt.“
Derweil haben alle Lkw des umstrittenen russischen Hilfskonvois nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Ukraine verlassen. Der Konvoi sei wieder in Russland, sagte der Leiter der OSZE-Beobachtermission am russischen Grenzposten Donezk, Paul Picard, der Nachrichtenagentur AFP. Russland hatte am Freitag den seit Tagen an der Grenze wartenden Hilfskonvoi für die notleidende Bevölkerung in der Ostukraine ohne das Einverständnis Kiews und des Roten Kreuzes nach Lugansk geschickt. (mit AFP)