100 Jahre Frauenwahlrecht: Angela Merkel fordert mehr Frauen in Politik und Wirtschaft
Die Bundeskanzlerin hat sich für einen höheren Frauenanteil nicht nur in den Parlamenten stark gemacht. Bis zu einer Gleichberechtigung sei "noch viel zu tun".
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zu einer Politik der vollständigen Gleichstellung von Männern und Frauen bekannt und die lange umstrittene Quote nur als einen Zwischenschritt bezeichnet: „Die Quote war wichtig, aber das Ziel muss Parität sein, Parität überall“, sagte Merkel in ihrer Rede zum 100. Jahrestag des Frauenwahlrechts. Die Frauen und Männer, die das Wahlrecht damals durchsetzten, hätten „nicht für eine Gruppe, eine Klientel, sondern für ein Menschenrecht gekämpft“. Man dürfe „nicht weitere hundert Jahre warten“, bis es umfassend verwirklicht sei.
Merkel nahm sich wie andere Rednerinnen des Festakts – darunter Frauenministerin Franziska Giffey und die frühere Justizsenatorin in Hamburg und Berlin Lore Maria Peschel-Gutzeit (beide SPD) – die Wirtschaft vor: Dort gebe es, vor allem wo kein Tarif gelte, oft verdeckte Gehaltslücken zwischen Männern und Frauen.
Die Kanzlerin kritisierte aber auch ihr eigenes Feld, die Politik. Über die geringe Zahl von Oberbürgermeisterinnen sei sie „immer noch schockiert“, in Deutschland gebe es Länderparlamente, in denen nicht einmal ein Viertel der Abgeordneten Frauen seien. Aber auch der Bundestag sei „in dieser Legislaturperiode kein Ruhmesblatt“. Der Frauenanteil ist im aktuellen Bundestag auf 30,9 Prozent gesackt, während er in der Legislaturperiode zuvor noch 37,1 Prozent betrug.
Dieses Missverhältnis geht besonders auf Merkels Unionsfraktion und auf die AfD zurück. Frauen aus CDU und CSU stellen lediglich ein Fünftel der Abgeordneten ihrer Fraktion, die AfD besteht gar zu 90 Prozent aus Männern. Nur Linke und Grüne schickten sogar mehr Frauen als Männer in den Bundestag. Merkel verwies auf das Problem der Direktmandate, von denen die Unionsparteien besonders viele bekämen. Deshalb müsse schon die Parteibasis ausreichend Frauen aufstellen. Sie selbst wolle als erste Kanzlerin nicht als Alibi herhalten: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sagte sie unter heftigem Beifall des Saals im Deutschen Historischen Museum in Berlin.
Erst seit 1997 macht sich ein Ehemann in Deutschland strafbar, wenn er seine Frau vergewaltigt
Merkel warnte zugleich vor einem überheblichen Blick gegenüber anderen Teilen der Welt: In Afrika etwa spielten Frauen „eine ziemlich große Rolle“, die Regionalausschüsse der Afrikanischen Union würden stets von je einem Mann und einer Frau gemeinsam geleitet. Und nicht nur sei das Frauenwahlrecht 1918 in Deutschland später als anderswo eingeführt worden – in Neuseeland, dessen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern eine Video-Grußbotschaft schickte, schon 25 Jahre zuvor –, auch anderswo sei Deutschland nicht an der Spitze der Frauenbewegung marschiert. Merkel erinnerte an das zähe Überleben diskriminierender Vorschriften im westdeutschen Bürgerlichen Gesetzbuch: „Aus heutiger Sicht ist es kaum zu glauben, dass Frauen erst seit 1975 nicht mehr die Erlaubnis ihres Ehemanns brauchen, wenn sie berufstätig sein wollen.“ Und erst seit 1997 mache sich auch ein Ehemann strafbar, wenn er seine Frau vergewaltigt.
Die heute 86-jährige Lore Maria Peschel-Gutzeit, als Juristin und SPD-Politikerin eine Pionierin der Gleichstellungspolitik in der Nachkriegszeit, hatte es vor Merkels Rede empörend genannt, dass das Rückkehrrecht von Müttern und Vätern in der Wirtschaft noch immer nicht durchgesetzt sei. Sie zog eine direkte Linie zur Altersarmut von Frauen. „Die ist ja nicht vom Himmel gefallen“, so Peschel-Gutzeit, sondern direkte Folge ihrer „gebrochenen Arbeitsbiografien“. Peschel-Gutzeit hatte 1968 erreicht, dass Beamtinnen nach einer Babypause ohne Karriereeinbußen zurückkehren oder teilzeitarbeiten durften.
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