Zum Tod von Tugçe A.: An Zivilcourage zu zweifeln, wäre fatal
Tugçe A. ist – welch großes Wort! – eine Heldin. Es ist falsch, ihren Tod aus ihrem Verhalten abzuleiten. Nicht ihre Zivilcourage war es, die sie das Leben gekostet hat. Ein Kommentar.
Erst wissen, dann meinen: Das klingt nach einer klugen Devise. Nur wirkt sie manchmal gegenüber der Wucht der geahnten Wirklichkeit zu kühl. Nach allem, was bisher bekannt ist, wollte die 22-jährige Tugçe A. zwei Mädchen helfen, die von mehreren Männern bedrängt wurden. Es gab Streit, ein einschlägig bekannter 18-jähriger Gewalttäter streckte Tugçe A. nieder, die sofort ins Koma fiel und später ihren Verletzungen erlag. Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft, nach den beiden jungen Frauen, denen Tugçe A. offenbar beigestanden hatte, wird noch gesucht. Es sind zwei wichtige Zeugen. Nun heißt es: Das Opfer sei gestorben, weil es helfen wollte und Mut bewies.
Man nennt das Zivilcourage. Das ist einerseits richtig, weil Tugçe A. wohl noch am Leben wäre, wenn sie sich weggeduckt hätte. Andererseits aber ist es grundfalsch, ihren Tod aus ihrem Verhalten abzuleiten: Nicht sie hat ihren Tod verursacht, sondern der Täter allein. Durch das Schicksal von Tugçe A. am Wert der Zivilcourage zu zweifeln, wäre fatal, denn Taten guter Menschen werden durch Missetaten böser Menschen niemals widerlegt. Tugçe A. ist – welch großes Wort! – eine Heldin. Sie sollte geehrt werden, weit über ihren Tod hinaus.
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