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Koalition braucht mehr Führungspersonal: Die Ampel-Spitzen Olaf Scholz (Bundeskanzler), Robert Habeck (Wirtschaftsminister) und Christian Lindner (Finanzminister).
© imago images/Emmanuele Contini

Mehr Führungsposten in den Bundesministerien: Ampel genehmigt sich Dutzende neue Beamtenstellen

Ein ungewöhnliches Verfahren: Via Nachtragshaushalt für das vergangene Jahr schafft die Koalition nochmals 148 Posten für Spitzenbeamte.

Die Ampel-Koalition baut das Personal in den Ministerien weiter aus – in einem etwas ungewöhnlichen Verfahren. Nach 176 Stellen, die schon im Dezember über den Nachtragshaushalt für 2021 neu geschaffen worden waren, kommen jetzt noch einmal 148 Planstellen hinzu. Das geht aus einer Vorlage der Koalitionsfraktionen hervor, die am Mittwoch an den Haushaltsausschuss des Bundestages ging und dem Tagesspiegel vorliegt.  

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Als ungewöhnlich gilt das Vorgehen, weil der Etat für 2021 eigentlich schon abgeschlossen ist. Den Bericht dazu wird das Bundesfinanzministerium in Kürze vorlegen. Nachtragsetats werden üblicherweise im Lauf eines Haushaltsjahres vorgelegt. Um die von der Koalition vereinbarte kreditfinanzierte Rücklage in Höhe von 60 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen, legte Finanzminister Christian Lindner den Nachtragsetat Mitte Dezember vor.

Er soll vom Bundestag am 28. Januar beschlossen werden. Die neuen Planstellen werden nun ins parlamentarische Verfahren nachgeschoben – offenbar hatten die Ministerien vor Weihnachten bei der Neuaufstellung gerade in Leitungsbereichen und neuen Abteilungen noch nicht den kompletten Überblick.

Viele neue B-Stellen

Von den 148 neuen Planstellen gehören 49 der Besoldungsgruppe B an, sind also für Leitungsfunktionen an der Spitze von Abteilungen oder Referaten vorgesehen – als Ministerialräte, Ministerialdirigenten, Ministerialdirektoren. Der Rest entfällt auf die Referenten- und Mitarbeiterebene.

Gleich sieben solcher B-Stellen werden im Umweltministerium unter Steffi Lemke (Grüne) geschaffen, für neue Aufgaben bei Klimaschutz, Biodiversität, Meeresschutz, Verbraucherschutz. Sechs neue Leitungsjobs mit B-Besoldung schafft Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für die „Erarbeitung und Umsetzung ambitionierter Maßnahmen im Bereich Klimaschutz“, wie es in der Vorlage heißt.

Diese Aufgabe hat das Ministerium neu im Namen. Insgesamt stehen für Habecks Ressort 24 neue Stellen in dem Papier. Im Außenministerium baut Ministerin Annalena Baerbock (Grüne) eine neue Abteilung für „Klimaaußenpolitik und Wirtschaft“ auf, wofür vier B-Stellen eingeplant werden.

"Veränderungen nach Regierungswechsel"

Das Kanzleramt genehmigt sich vier neue Führungsstellen, unter anderem für ein Spiegelreferat zum neuen Ministerium für Wohnen und Stadtentwicklung, wo Ministerin Klara Geywitz (SPD) fünf neue Führungsstellen erhält – ansonsten wird das Ressort aus Abteilungen anderer Ministerien gefüllt.

Je drei neue B-Stellen haben die sozialdemokratischen Ministerinnen für Inneres, Nancy Faeser, und für Verteidigung, Christine Lambrecht, beantragt – für die Bekämpfung des Rechtsextremismus die eine, pauschal für den Leitungsbereich die andere. Besonders gründlich scheint die neue Entwicklungsministerin Svenja Schulze ihr Ressort umzubauen – sechs neue B-Stellen hätte sie gern, davon drei für „strukturelle Veränderungen nach Regierungswechsel“, wie die allgemeine Begründung lautet.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat für eine neue Europaabteilung sowie die Anbindung des Nationalen Kontrollrats an das Ministerium (bisher war das Kanzleramt zuständig) einen Mehrbedarf von vier Führungsstellen.

[Lesen Sie dazu bei Tagesspiegel Plus: Die neue Ampel-Finanzpolitik]

Neue Planstellen zu schaffen, gerade auch für Spitzenbeamte, ist bei Antritt einer neuen Regierung nicht ungewöhnlich, zumal dann, wenn bisherige Oppositionsparteien beteiligt sind. Deren Minister wollen zügig ein neues Führungsteam aufbauen, mit neuen Leuten aus der eigenen Partei. Man will so schnell wie möglich, in wenigen Wochen, nach innen wie außen arbeitsfähig sein. Da ist das Schaffen neuer Stellen einfacher als längerwieriges Umorganisieren.  

Union: Regierung bläht sich unmäßig auf

Für die Opposition sind diese Personalvermehrungen (gleichzeitiges Streichen von Stellen findet  meist nicht statt) willkommener Anlass für Kritik. Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg sagte dem Tagesspiegel zu den Ampel-Plänen: „Die neue Regierung bläht sich unmäßig auf. Nie gab es einen größeren Wasserkopf in den Bundesministerien.“

Vor vier Jahren hätten beim Antritt der großen Koalition Grüne und FDP „einen deutlich kleineren Personalaufwuchs wortstark kritisiert. Kaum sind sie selbst in der Regierung, setzen sie bei der Anzahl der Posten neue Negativrekorde.“ Nach der geplanten Umgehung der Schuldenbremse beweise Finanzminister Lindner „ein zweites Mal in kürzester Zeit, dass er es mit nachhaltigem Haushalten wohl doch nicht so genau nimmt“. 

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