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Flüchtlinge aus Afrika sitzen vor der Küste von Libyen in einem Schlauchboot.
© dpa/AP/Olmo Calvo

Flüchtlinge: Amnesty gibt EU Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen in Libyen

Die EU mache sich zum Komplizen für Ausbeutung und Misshandlung abgefangener Flüchtlinge in Libyen, sagt Amnesty International. Die Zusammenarbeit mit Libyens Küstenwache müsse aufhören.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft den EU-Mitgliedstaaten vor, mitverantwortlich für die Ausbeutung von Geflüchteten in Libyen zu sein. "EU-Mitgliedsstaaten unterstützen Libyens Innenministerium und die libysche Küstenwache dabei, zehntausende Menschen in dortige Haftzentren zu bringen, wo sie systematisch ausgebeutet und misshandelt werden", erklärte die deutsche Amnesty-Sektion am Dienstag in Berlin. Sie berief sich auf einen aktuellen Bericht der weltweiten Amnesty-Organisation zu Libyen.

"Die EU-Mitgliedsstaaten machen sich wissentlich zu Komplizen eines für schwerste Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen kriminellen Systems", erklärte dazu der deutsche Amnesty-Generalsekretär Markus Beeko. "Libysche Sicherheitsbeamte, bewaffnete Gruppen und Schleuser misshandeln und erpressen schutzlose Menschen auf brutalste Weise und schlagen daraus mit Wissen der europäischen Regierungen Profit", kritisierte er weiter.

Amnesty fordert Ende der Kooperation

Der Amnesty-Bericht dokumentiert demnach auch, dass Teile der libyschen Küstenwache mit Schleusern zusammenarbeiten. Die EU-Staaten handelten "verantwortungslos, wenn sie unter den gegebenen Umständen die libysche Küstenwache mit Technik und Experten dabei unterstützen, Menschen auf hoher See aufzugreifen und sie in die systematische Hölle der libyschen Haftzentren zu bringen", erklärte dazu Beeko. Amnesty forderte, diese Zusammenarbeit sofort zu beenden.

Die Organisation wies darauf hin, dass 2017 bisher nach offiziellen Angaben 19.452 Menschen von der libyschen Küstenwache auf dem Mittelmeer abgefangen worden seien. Ehemalige Gefangene der Haftzentren, in die sie gebracht wurden, berichteten demnach von Folter und Zwangsarbeit. "Die hilflosen Menschen in Libyens Haftzentren werden inhaftiert, ausgeraubt und erpresst. Oft müssen ihre Familien am Telefon miterleben, wie der Vater oder die Schwester schwer misshandelt werden, um das Lösegeld zu erpressen", erklärte dazu Beeko.

Wenn die EU-Staaten daher weiterhin mit libyschen Stellen zusammenarbeiten wollten, dürfe dies "nur unter dem sofortigen Vorbehalt eines wirklichen Schutzes der inhaftierten Menschen" geschehen, forderte die Menschenrechtsorganisation. Die EU müssten bei den libyschen Behörden einfordern, willkürliche Inhaftierungen und Misshandlungen von Flüchtlingen und Migranten sofort zu beenden und diese aus den für sie eingerichteten Haftzentren freizulassen. Die libysche Regierung ihrerseits müsse die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnen, das Mandat des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR anerkennen und diesem "vollumfänglichen Zugang zu schutzbedürftigen Menschen gewähren". (AFP)

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