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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend nach der Wahl.
© Boris Roessler/dpa

Wahlanalyse: Am Ende macht's doch Angela Merkel

Das Ansehen der Kanzlerin hat der Union Stimmen gebracht. Die AfD avanciert im Osten zur zweitstärksten Kraft. Womit punkteten die Parteien?

Die Union verdankt ihren erneuten Wahlsieg in erster Linie der Generation 60plus, die sich traditionell durch eine hohe Wahlbeteiligung auszeichnet. 41 Prozent der Wähler, acht Prozentpunkte weniger als 2013, aus dieser Altersgruppe haben die Union gewählt. Frauen sind dabei deutlich in der Mehrheit. 37 Prozent aller Frauen, aber nur 30 Prozent der Männer haben CDU/CSU gewählt.

Inhaltlich wurden der Partei das größte Ansehen, eine gute Regierungsarbeit sowie Sachkompetenz zugeschrieben. Und nicht zuletzt das Ansehen von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor. Ihr wird am ehesten zugetraut, den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands zu sichern und das Land auch international in einem schwierigen Umfeld gut zu vertreten. Selbst wenn Angela Merkel inzwischen partiell polarisiert, bescheinigen ihr 73 Prozent der Deutschen, als Kanzlerin einen guten Job zu machen.

Im Ergebnis wünschen sich 57 Prozent der Deutschen Angela Merkel auch künftig als Kanzlerin, nur 33 Prozent hätten lieber Martin Schulz (SPD) als Bundeskanzler. Beim Image auf der +5/-5-Skala schneidet Schulz mit 1,0 zwar besser ab als der vorige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück 2013 (0,7). Das hohe Ansehen Merkels (1,9; 2013: 2,1) kann er aber nicht annähernd erreichen. Merkel wirkt sympathischer, glaubwürdiger und vor allem kompetenter als der SPD-Kanzlerkandidat.

Merkel als internationale Krisenmanagerin anerkannt

Nachdem die Bundesbürger ihre private wie auch die allgemeine wirtschaftliche Lage bei uns so gut bewerteten wie noch nie vor einer Bundestagswahl, rückten außenpolitische Themen stark in den Vordergrund und waren mitentscheidend für den Wahlausgang. 67 Prozent der Wähler sind der Auffassung, dass wir in „besonders unsicheren Zeiten leben“. In diesem Politikfeld wird der Union eindeutig mehr zugetraut als der SPD. 59 Prozent der Deutschen geben an, Angela Merkel „Deutschland eher durch unsichere Zeiten führen“.

Die SPD ist hingegen bei den Themen Wirtschaft und Jobs klar überlegen. Auch bei der Familienpolitik und dem Thema soziale Gerechtigkeit kann sie punkten, konkurriert hier aber noch stärker als 2013 mit der Linken. In einem Land, in dem sich für 82 Prozent aller Befragten die Unterschiede zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren vergrößert haben, ist die Linke für 81 Prozent ihrer Wähler „die einzige Partei, die Politik für sozial Schwache macht“.

AfD-Wähler blicken skeptisch in die Zukunft

Der Umgang mit Flüchtlingen war eines der Top-Thema im Wahlkampf. 35 Prozent aller Befragten sehen ihre persönliche Position dazu am ehesten von der CDU/CSU vertreten, nur 15 Prozent von der SPD und 13 Prozent von der AfD. Linke, Grüne und FDP bleiben einstellig. Konträr zur optimistischen Grundstimmung bezweifeln 86 Prozent der AfD-Wähler (alle Befragte: 37 Prozent), dass Deutschland die aktuelle Zahl der Flüchtlinge verkraftet. 98 Prozent der AfD-Wähler (alle Befragte: 42 Prozent) kritisieren Merkels Flüchtlingspolitik, wobei ihnen neben der Kanzlerin auch die Bundesregierung insgesamt als Projektionsfläche für ihren Unmut dient.

Die AfD vereint Protest, Sorgen und Unzufriedenheit einer Wählergruppe, die – mit Parallelen zur Linken – ein erheblich gewachsenes Wohlstandsgefälle beklagt und Deutschland schlecht für die Zukunft gerüstet sieht. Die Partei ist dabei bei Männern annähernd doppelt so stark wie bei Frauen. Jenseits ihres eigenen Klientels wird die AfD inzwischen klar rechtsaußen im politischen Spektrum verortet. Ihr Image ist entsprechend schlecht.

Linke und Grüne erhalten von den Wählern schwache Noten für die geleistete Oppositionsarbeit. Dagegen schaffte es die FDP diesmal, ohne parlamentarischen Leistungsnachweis ihr Image stark zu verbessern. Punkten konnte sie vor allem mit ihren Plänen für Steuer- und Bildungsreformen und ihrem Spitzenkandidaten Christian Lindner. Das gute Ergebnis der FDP ist aber auch ein Resultat taktischer Wahl-Entscheidungen: Gut einem Drittel der FDP-Wähler gefallen als Partei die CDU beziehungsweise die CSU besser.

Der Osten wählt weiter anders als der Westen

Die FDP, die genau wie die Grünen im Westen deutlich stärker punkten konnte als im Osten der Republik, kommt überproportional gut bei unter 30-jährigen Wählern an. Besonders viel Zuspruch bekommen die Liberalen von Selbständigen (17 Prozent); bei Arbeitslosen oder Gewerkschaftsmitgliedern, wo die SPD stärkste Partei bleibt, ist die FDP dagegen schwach. Die Grünen konnten wie gewohnt vor allem Stimmen in Großstädten und bei Hochschulabsolventen einsammeln; die Wähler der Linken leben nach wie vor mehrheitlich im Osten - wo die AfD nunmehr zweitstärkste Partei ist.

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