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US-Präsident Joe Biden bei seiner TV-Ansprache im Weißen Haus.
© MANDEL NGAN/AFP

Joe Bidens TV-Ansprache zur Pandemie: Am 4. Juli soll wieder gefeiert werden – das könnte sogar gelingen

US-Präsident Biden stellt den Amerikanern ein Ende der Coronakrise in Aussicht. Anders als seinem Vorgänger nimmt man ihm dieses Versprechen ab. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Der selbe Tag, und so vieles ist anders. Zwei Reden von US-Präsidenten, die eine am 11. März 2020, die andere ein Jahr später, eine Wahl später - und damit gefühlt mindestens ein Jahrzehnt später. Nicht für alles in dieser Pandemie kann man Donald Trump verantwortlich machen, aber für seine Rhetorik schon.

Wenn man Joe Biden zuhört, spürt man, was dessen Vorgänger hat vermissen lassen. Mitgefühl zum Beispiel, Demut und damit eben auch Einsicht in die Begrenztheit des eigenen Tuns: Der jetzige Bewohner des Weißen Hauses weiß um die eigene Fehlbarkeit, und genau deshalb kann er diese Rolle einnehmen: die des Trösters, des Mutmachers der Nation.

Bei seiner ersten großen Fernsehansprache als US-Präsident weckte Biden leise Hoffnungen auf ein Ende der Pandemie, die bereits mehr als 530.000 Amerikaner das Leben gekostet hat. Anders als Trump, der vor einem Jahr wider besseren Wissens von einem „sehr geringen Risiko“ durch das Coronavirus gesprochen hatte, tat er dies aber nicht im Widerspruch zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Sondern er begründete seine Aussagen mit dem, was ihm die Experten nahegebracht hatten.

„Am 4. Juli beginnen wir, unsere Unabhängigkeit von diesem Virus zu begehen“

Auf Grundlage von deren Erkenntnissen stellte er seinen Landsleuten in Aussicht, schon am Nationalfeiertag, dem 4. Juli, wieder in kleinen Gruppen feiern zu können. „Nach diesem langen, harten Jahr“ werde der diesjährige Unabhängigkeitstag zu etwas ganz Besonderem, zu einem Tag, „an dem wir nicht nur unsere Unabhängigkeit als Nation begehen, sondern auch damit beginnen, unsere Unabhängigkeit von diesem Virus zu begehen“, versprach Biden.

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Voraussetzung sei aber, dass die Menschen sich weiterhin an die Regeln hielten, mahnte er. Denn die Wissenschaftler hätten deutlich gemacht, dass sich die Lage mit der Ausbreitung neuer Virus-Varianten auch schnell wieder eintrüben könne.

Noch sind seine Versprechen, dass allen Amerikanern bis zum 1. Mai ein Impf-Angebot gemacht werden könne, lediglich Worte. Biden muss alles dafür tun, dass die Bundesstaaten auch dazu in der Lage sind, dieses Versprechen Wirklichkeit werden zu lassen. Glaubt man den Umfragen, nimmt der Großteil der Amerikaner ihm aber zumindest ab, dass es ihm dabei ernst ist.

Am Donnerstag unterzeichnete Biden seinen Rettungsplan

Die Corona-Pandemie, die die Vereinigten Staaten härter als die meisten anderen Länder der Welt getroffen hat und deren Konsequenzen Amerika auf lange Zeit prägen werden, ist noch nicht vorbei. Aber der aktuelle Präsident erweckt nicht nur den Anschein, dass er die Bedrohung ernst nimmt. Er handelt auch danach: Sie ist seine oberste Priorität. Das werden auch Republikaner kaum bestreiten.

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Nur sieben Wochen nach seiner Vereidigung unterschrieb Biden am Donnerstagnachmittag das wohl größte Konjunkturprogramm in der amerikanischen Geschichte. Zwar wurde der „Amerikanische Rettungsplan“ ohne eine einzige republikanische Stimme verabschiedet - aber immerhin mit dem geballten Rückhalt der Demokratischen Partei. Das ist ein großer Erfolg für den neuen Präsidenten, egal, welche Zugeständnisse er dabei machen musste.

In der Rückschau wird es möglicherweise Trumps Versagen in der Coronakrise gewesen sein, das Bidens Wahlsieg ermöglicht hat. Und genauso groß ist die Verantwortung, die der neue Präsident nun spüren wird. Es ist nun seine Krise, egal, was sein Vorgänger erreicht oder verbockt hat. Aber im besten Fall ist es eben auch seine Errungenschaft, wenn die USA schneller als andere Nationen einen Ausweg gefunden haben.

Darauf deuten die Erfolge bei der gigantischen Impfkampagne hin. Rund 33 Millionen Menschen in Amerika sind bereits durchgeimpft, also ein Zehntel der Bevölkerung. Auch sinken die Infektionszahlen und die Zahl derjenigen, die ernsthaft erkranken.

Bidens Erfolg hängt auch von Bundesstaaten ab, die von Republikanern regiert werden

Allerdings haben einige, meist republikanisch regierte Bundesstaaten bereits mit einer nach Expertensicht gefährlichen Öffnungsstrategie begonnen. Darauf hat Präsident Biden wenig Einfluss, viel mehr als mahnen kann er nicht. Dennoch wird ein Durchbruch bei der Bewältigung der Pandemie von der Entwicklung in den einzelnen Staaten abhängen.

Was Biden kann, ist, immer wieder darauf zu verweisen, dass das Land ein gemeinsames großes Ziel hat: sich so bald wie möglich aus dem Klammergriff der Pandemie zu lösen. Nur dann kann die Nation sich erholen - und, wie der Präsident es sagt, besser wiederauferstehen. Biden hat versprochen, die gespaltenen USA wieder zu „heilen“. Eine Bewältigung der Coronakrise wäre ein erster, ein großer Schritt.

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