Streit über Zapfenstreich für Wulff: Altbundespräsidenten nehmen an Zeremonie nicht teil
Richard von Weizsäcker, Roman Herzog, Horst Köhler und Walter Scheel haben ihre Teilnahme am Großen Zapfenstreich für Ex-Präsident Christian Wulff abgesagt. Auch SPD-Chef Frank-Walter Steinmeier lässt sich vertreten.
Alle vier noch lebenden Altbundespräsidenten werden nach einem Bericht der „Welt“ am Großen Zapfenstreich für ihren zurückgetretenen Nachfolger Christian Wulff nicht teilnehmen.
Richard von Weizsäcker, Roman Herzog, Horst Köhler und Walter Scheel hätten sich gegen eine Teilnahme an der militärischen Abschiedszeremonie entschieden, berichtet die Zeitung (Dienstag) unter Berufung auf die jeweiligen Büros der früheren Staatsoberhäupter. Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier werde beim Zapfenstreich an diesem Donnerstag vertreten.
Die SPD-Bundestagsfraktion will derweil Büro und Mitarbeiter für Wulff verhindern. „Wer das Amt des Bundespräsidenten unehrenhaft verlässt, hat keinen Anspruch auf Büro, Fahrer und Auto“, sagte Christian Lange, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, der „Welt“. „20 Monate Präsidentenzeit stehen in keinem Verhältnis zu potenziell 40 Jahren Alimentation. Das wäre nichts anderes als ein unehrenhafter Sold.“
Die Bundesregierung hält an einer ehrenvollen militärischen Verabschiedung von Christian Wulff fest. „Ein Zapfenstreich für einen scheidenden Bundespräsidenten steht ganz und gar in der Tradition der Bundeswehr“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er verwies auf die „Vielzahl von Terminen“, die Wulff bei der Bundeswehr wahrgenommen habe. Auch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte: „Das Amt steht im Vordergrund“. Wulff soll am Donnerstag mit dem so genannten Großen Zapfenstreich durch die Bundeswehr verabschiedet werden. Es ist die höchste Form militärischer Ehrerweisung deutscher Soldaten. Zuvor hatte der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs den Großen Zapfenstreich für Wulff auf „Handelsblatt Online“ als „unangemessen“ bezeichnet.
Die SPD-Führung will sich Forderungen auch aus den eigenen Reihen nicht anschließen, dem zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff zum Abschied den Großen Zapfenstreich zu streichen. „Es gibt keinen Grund, das nun der Bundeswehr vor die Tür zu schieben“, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag in Berlin. Ihr sei allerdings „niemand bekannt“, der für die Sozialdemokraten an dem Zeremoniell teilnehmen werde.
Der frühere Heeresinspekteur Helmut Willmann hatte dem „Spiegel“ gesagt, natürlich müsse die Amtszeit des Bundespräsidenten „geordnet und in Würde“ beendet werden. Die Situation verlange aber nicht nach Ehrungen mit aufmarschierender Truppe, Fackelschein und Nationalhymne. „Dies ist die Zeit für Bescheidenheit, Zurückhaltung und Demut im äußeren Auftreten. Das ungerührte Weiter-So ist ein Zeichen erschreckender Realitäts- und Bürgerferne der Politik.“
Derweil fordern die Grünen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff auf, nach seinem Rücktritt auf zusätzliche Privilegien wie ein eigenes Büro, ein Auto und einen Fahrer zu verzichten. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte am Montag in Berlin: „Wulffs Sensibilität ist nicht besonders ausgeprägt.“ Schließlich habe er selbst gesagt, dass er bis zum Alter von 67 für sich sorgen wolle.
Die Frage des Ehrensolds, also der Pensionsansprüche, sei „nach Recht und Gesetz“ zu entscheiden. Allerdings sei es bedenklich, dass diese Entscheidung vom Bundespräsidialamt und von Wulffs ehemaligem Staatssekretär Lothar Hagebölling getroffen worden sei. Über die „Amtsausstattung“ werde zu einem späteren Zeitpunkt entschieden, heißt es im Präsidialamt. Alle Altpräsidenten seit Heinrich Lübke hätten diese Privilegien in Anspruch genommen.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles plädierte für eine parteiübergreifende Neuregelung oder präzisere Fassung des Ehrensolds zu erarbeiten. Zwar dürften für Wulff „keine anderen Regeln gelten, als die, die es rechtlich für andere Präsidenten gegeben hat“, sagte Nahles. Mit Blick auf den Ehrensold und andere Privilegien für Ex-Staatsoberhäupter fügte die SPD-Politikerin aber hinzu, „für die Zukunft“ müsse es hier Veränderungen geben.
Wulff war am 17. Februar nach Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme von seinem Amt zurückgetreten. Laut Bundespräsidialamt hat er aber Anspruch auf den Ehrensold in Höhe von jährlich 199.000 Euro, weil sein Rücktritt aus „politischen Gründen“ erfolgt sei. (AFP/dapd/dpa)