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Angela Merkel steht mit einem Mikrofon in der Hand an einer geöffneten Autotür. Das Bild entstand auf der Internationalen Automobil-Ausstellung 2019.
© Tobias Schwarz/AFP

Merkel eröffnet die Messe IAA: Als Autokanzlerin gescheitert

Am Dienstag eröffnet Angela Merkel eine IAA neuen Typs. Ihre Bilanz in der Verkehrspolitik ist beschämend. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Henrik Mortsiefer

Angela Merkel hat in den vergangenen 16 Jahren ihren Führerschein nicht gebraucht. Ein besonders emotionales Verhältnis zu Automobilen hat sie ohnehin nicht entwickelt. Dennoch wird sie sich als Autokanzlerin verabschieden, wenn sie am Dienstag in München die IAA eröffnet. Es ist ihre achte Automesse.

Die Autoindustrie hat Merkel viel zu verdanken. Unter keiner anderen Führung hat die Bundesregierung so viel für deren Wohlergehen getan. Die Abwrackprämie und das Kurzarbeitergeld retteten die Hersteller über die Finanzkrise, Kaufprämien für Elektroautos und milliardenschwere Investitionsprogramme geben Starthilfe für eine Zukunft ohne Verbrennungsmotor. Die Türen des Kanzleramts waren stets für die Interessenvertreter geöffnet, nicht nur bei den vielen „Autogipfeln“.

So könnten alle zusammen in München noch einmal ein entspanntes Fest feiern. Diesmal mitten in einer Großstadt statt in den Frankfurter Messehallen, in ganz neuem Outfit, als „IAA Mobility“, als Mobilitätsevent, das nicht mehr nur Blech und PS präsentiert, sondern das Zweiräder, Fahrdienste und den Diskurs mit Umweltgruppen einbezieht.

Doch die Fröhlichkeit der Ankündigungen kann nicht über die tatsächliche Anspannung hinwegtäuschen. Alle wissen, dass diese IAA ein Experiment mit ungewissem Ausgang ist – nicht nur, weil die Messe die erste Großveranstaltung in Deutschland unter Corona-Bedingungen ist. Der Anspruch, mit dem die Autobauer und ihre Zulieferer antreten, ist groß: Im Land der Autoerfinder wollen sie der Welt zeigen, dass sie ein neues Rad drehen können. Anders als in den Vorjahren sollen diesmal kaufbare Produkte und funktionierende Dienstleistungen einer neuen Autowelt präsentiert werden.

Geben Sie uns eine Chance, bitten Branchenvertreter

Weg vom Sprit, hin zu alternativen Antrieben. Weg von der Autozentriertheit, hin zu neuen Formen der Mobilität. Weg von den Pferdestärken, hin zum Smartphone auf Rädern. Mit gewaltigen Investitionen untermauert die Branche, dass sie das alles ernst meint, ernst meinen muss. Denn vom Erfolg der Transformation hängt das wirtschaftliche Überleben vieler ab, auch der Millionen direkt oder mittelbar in der Branche Beschäftigten.

Verkehrsminister Andreas Scheuer steht an einem Rednerpult und spricht.
Andreas Scheuer ist nach Ansicht des Kommentators als Verkehrsminister gescheitert - seine Vorgänger in den Kabinetten Merkel erfüllten ihre Aufgabe aber auch nicht viel besser.
© Matthias Balk/dpa

Geben Sie uns eine Chance, bitten Branchenvertreter. Darin schwingt die berechtigte Sorge mit, dass auffallen könnte, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer noch eine ziemlich große Lücke klafft. Es geht um Glaubwürdigkeit. Und das gilt sowohl für die Industrie als auch für die Politik.

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Angela Merkel war eine Autokanzlerin, eine Verkehrswende ist ihr – und ihren CSU-Verkehrsministern – nicht gelungen. Die Bilanz ist beschämend. Der Verkehrssektor macht bei der Reduzierung der Schadstoffemissionen keine Fortschritte. Der motorisierte Individualverkehr ist in Städten und auf dem Land nach wie vor (und buchstäblich) tonangebend. „Schiene statt Straße“ ist ein Lippenbekenntnis geblieben.

Verantwortlich dafür ist nicht nur der Bund. Den allermeisten Ländern und Kommunen fehlt der Mut, einen großen Wurf zu wagen. Paris hat soeben innerstädtisch Tempo 30 eingeführt. Man kann dies Mut oder Zumutung nennen. In Berlin, Hamburg oder München wird bestenfalls darüber diskutiert.

Nach der Wahl zeigt sich, wie strapazierfähig die Branche ist

Der ungebrochene Einfluss der deutschen Autobauer hat daran einen großen Anteil. Man kann es ihnen nicht verdenken, sie haben keinen politischen Auftrag, sondern ein Geschäftsmodell. Die Branche spricht allerdings schon längst nicht mehr mit einer Stimme. Das setzt dem Autoverband VDA zu, der die Fliehkräfte nur mit Mühe bändigt. Wenn etwa der VW-Chef das Ende des Diesel- oder Dienstwagenprivilegs fordert, dann bricht jemand aus den eigenen Reihen mit einem Tabu. Es wird nicht das letzte sein.

Die IAA findet drei Wochen vor der Bundestagswahl statt. Wie strapazierfähig die Automobilbranche ist, wird sich zeigen, wenn nach dem 26. September ein Tempolimit oder höhere Spritpreise aktuell werden. Dann ist freilich die gesamte Gesellschaft gefordert, denn wenn es ums Auto geht, kennen die Deutschen keinen Spaß.

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