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Fotografiert, befragt, erfasst: Erkennungsdienstliche Behandlung eines Flüchtlings in Passau.
© Marc Müller/dpa

Migration und Polizei: "Alle werden erfasst und registriert"

Die Bundespolizei kontrolliert Flüchtlinge nach Kräften und Gesetz, sagt ihr Präsident. Und nimmt seine Leute gegen den Vorwurf in Schutz, sie gingen rassistisch vor.

Die Bundespolizei hat Vorwürfe zurückgewiesen, sie könne nicht mehr alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, so kontrollieren wie vorgeschrieben. Nach wie vor würden alle „grenzpolizeilich befragt“, alle Datensysteme auf vorhandene Informationen zu ihnen konsultiert, sie würden fotografiert, ihre Fingerabdrücke genommen. Alle diese Daten würden auch in die zuständigen System gespeichert, sagte der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Behörde am Montag.

Beamte überlastet, Computer zu alt

Es könne allerdings vorkommen, dass diese Kontrollen nicht innerhalb jenes eines Tages möglich seien, an dem die Ankömmlinge festgehalten werden dürfen. Dann würden aber die Landespolizeien und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Amtshilfe leisten. Dass Deutschland den Staaten im europäischen Süden vorwerfe, nicht ausreichend zu kontrollieren, dies selbst aber nicht schaffe, wies der Bundesinnenminister zurück: „Der Unterschied zu Italien ist: Alle werden registriert und erfasst“, sagte Thomas de Maizière. Die Gewerkschaft der Polizei hatte zuvor einen Bericht des „Spiegels“ bestätigt, wonach die Bundespolizei es nicht mehr schaffe, die Fingerabdrücke von allen Personen zu speichern, die an der österreichisch-bayerischen Grenze aufgegriffen werden – obwohl dies im Asylverfahrensgesetz vorgeschrieben ist. Der Grund dafür ist nach den Worten des GdP-Vizevorsitzenden Jörg Radek die extreme Überlastung der Beamten und ihre völlig veraltete Computertechnik in der Gegend um Freyung und Passau. Dort endet die sogenannte Balkanroute vieler Migranten, die mit Schlepperorganisationen ins Land kommen. .

"Die Fahndungspolizei in Europa"

"Illegale Migration“ nannte Bundespolizeipräsident Romann als klaren Schwerpunkt der Arbeit seiner Behörde im vergangenen Jahr. Man habe 2014 insgesamt 57 000 unerlaubte Einreisen festgestellt – den höchsten Wert bisher im vereinten Deutschland – und knapp 27 000 Fälle von Aufenthalt ohne entsprechende Aufenthaltstitel, so viele wie nie seit 2002. Schon jetzt übertreffe die Zahl der Illegalen in diesem Jahr, 63 000 Menschen, die Gesamtzahl des vergangenen Jahres. Die Bundespolizei habe sich in den vergangenen Jahren „zu der Fahndungspolizei in Europa entwickelt“, sagte Romann.
Der Innenminister äußerte „großen Respekt“ für die Arbeit der Bundespolizei, die angesichts deutlich gestiegener Einreisezahlen rasche Entscheidungen treffen müsse, wobei sie „komplexe ausländerrechtlichen Bestimmungen“ beachten, zugleich aber auch Menschen in Ausnahmesituationen im Respekt behandeln müsse. Dieser Respekt ist allerdings zum Gegenstand mehrerer Verfahren wegen „racial profilings“ gegen die Bundespolizei geworden, die für die Kontrollen in Zügen und auf Bahnhöfen zuständig ist. In mehreren Verfahren erhielten Klägerinnen und Kläger mit deutscher Staatsbürgerschaft recht, die vermuteten, man habe sie nur ihrer dunklen Hautfarbe wegen als einzige kontrolliert und damit öffentlich bloßgestellt.

Bundespolizeichef: Rassismus-Vorwurf ist falsch

Der Rassismusvorwurf sei falsch, sagte Romann dazu, er treffe die Bundespolizei hart, die sich dagegen „kaum wehren“ könne. "Jeder Polizeivollzugsbeamte weiß, dass Maßnahmen nicht allein auf äußere Merkmale gestützt werden dürfen“, sagte Romann. Dass dies auch für die Bundespolizei gelte, zeige sich allein an der geringen Zahl der Beschwerden, lediglich 29 angesichts von 443 000 Kontrollen im letzten Jahr. Er betonte, dass sich ein Urteil, gegen das die Bundespolizei letztes Jahr in Berufung ging, gegen die Rechtsgrundlage für diese Kontrollen richtete, einen Paragrafen im Bundespolizeigesetz, nicht gegen die Bundespolizei selbst.

Auch Minister de Maizière verteidigte Kontrollen, bei denen das Äußere der Kontrollierten eine Rolle spielt: Auch wenn es um gewalttätige Fußballfans gehe, müsse man es hinnehmen, dass „die Anhänger bestimmter Fußballclubs kontrolliert werden, andere aber nicht“.

Schleuser sind vor allem Deutsche

Die Kritik von Bürgerrechtlern, Betroffenenorganisationen und Juristen richtet sich unter anderem dagegen, dass Kontrollen, bei denen ein vermeintlich nicht deutsches Aussehen der Ausgangspunkt ist, bestehende ethnische Vorurteile verstärkt. Die geringe Zahl von Beschwerden erklären sie damit, dass Scham und Resignation viele Betroffene von aktiver Gegenwehr vor Gericht oder per Beschwerde abhalte. Ein weiterer Kritikpunkt an "racial profiling" ist, dass es auch keine Fahndungserfolge bringe: Die Konzentration auf vermeintlich Fremde verringere die Aufmerksamkeit für Täter, die als typisch deutsch gelten, und treffe stattdessen die Falschen, unbescholtene Bürger, die in den Augen der Beamten lediglich die falsche Hautfarbe hätten. Minister de Maizière selbst verwies am Montag in Berlin darauf, dass Kriminalität auch im Umfeld der Migration nicht in erster Linie Sache der Migranten sei. Er verwies auf die Statistik zur Staatsangehörigkeit gefasster Schleuser: "An der Spitze stehen Deutsche.“

Kritik der Opposition

Die Opposition kritisierte die Erfolgsmeldungen im Jahresbericht der Bundespolizei "Wer sich immer weiter abschottet, darf sich über eine Zunahme sogenannter illegaler Einreisen nicht beklagen", erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Schon dass Frauen und Männer aus Syrien und Eritrea "an der Spitze der sogenannten illegalen Einwanderer" stehen, zeige, dass es sich hier nicht um Kriminelle handle, sondern um Flüchtlinge. Jelpke: "Die bereinigten Anerkennungsquoten bei Asylsuchenden aus Syrien und Eritrea lagen zuletzt bei annähernd hundert Prozent."

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