Schottland bleibt in Großbritannien: Alex Salmond kündigt Rücktritt nach Referendum an
Die Entscheidung ist gefallen: 55 Prozent der Wähler haben gegen eine Unabhängigkeit Schottlands gestimmt. Verfolgen Sie hier alle Ereignisse rund um den Wahltag und aktuelle Reaktionen hier in unserem Live-Blog.
In einem historischen Referendum haben die Schotten am Donnerstag über eine Unabhängigkeit von Großbritannien abgestimmt. Sie haben sich entschieden im Königreich zu verbleiben. Lesen Sie alle Ereignisse in unserem Nachrichten-Blog.
+++Alex Salmond tritt zurück+++
Nach dem verlorenen Referendum zur Unabhängigkeit hat Schottlands Ministerpräsident Alex Salmond seinen Rücktritt als Regierungschef und als Parteivorsitzender der SNP angekündigt. Er werde auf dem Parteitag in Perth Mitte November nicht mehr kandidieren, sagt Salmond am Freitag. Der neue Parteichef werde die SNP auch in den Wahlkampf für die Wahl eines neuen Regionalparlamentes im Frühjahr 2016 führen, sagt er. „Wir haben eine aufregende Situation, die eine neue Führung erfordert.“ Salmond ist seit 2007 „Erster Minister“ Schottlands, zunächst an der Spitze einer Koalitionsregierung mit der Labour-Partei. 2011 errang er mit seiner sozialdemokratisch orientierten SNP die absolute Mehrheit. Die Unabhängigkeit von Großbritannien war Salmonds große politische Vision.
+++Steinmeier begrüßt Ausgang des Referendums+++
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßt den Ausgang des Referendums. "Ich glaube, dass das eine gute Entscheidung für Schottland, Großbritannien und auch für Europa ist", erklärt Steinmeier nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Freitag am Rande einer Reise nach New York. "Das Wahlergebnis spricht eine eindeutige Sprache: Die Menschen wollen ein starkes Schottland in einem starken Großbritannien." Steinmeier zeigt sich zudem beeindruckt von "der vorbildlichen demokratischen Kultur Großbritanniens", die vor und während der Abstimmung zum Ausdruck gekommen sei.
+++"Times": "We stay together"+++
Die Londoner Tageszeitung "Times" feiert den Sieg der Unabhängigkeitsgegner. "Wir bleiben zusammen", titelt das Blatt am Freitag.
+++EU-Kommissionspräsident Barroso ist zufrieden+++
Der scheidende EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßt das schottische “No“. Das Ergebnis sei gut für ein einiges, offenes und stärkeres Europa, erklärt er. Schottlands Bevölkerung habe ihr Engagement für Europa bekräftigt. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy spricht von der günstigsten Option für Europa. Die spanische Regierung hatte im Falle einer Abspaltung eine Art Domino-Effekt für die nach Unabhängigkeit strebende Region Katalonien befürchtet. Die Finanzmärkte reagieren ebenfalls erleichtert auf das Votum. Das britische Pfund legt deutlich zu, nachdem es seit Anfang September in der Spitze mehr als drei Prozent verloren hatte. Der Dax und der Londoner Auswahlindex starten mit Gewinnen in den Handel.
+++Schotten zeigen sich nicht wütend aufeinander+++
In den Straßen von Glasgow und Edinburgh ist Erleichterung zu spüren, auch bei den Verlierern. Nirgendwo ist Wut auf das andere Lager im Spiel. Befürchtungen, dass Schottland jetzt unversöhnlich in zwei Lager gespalten ist, sind offenbar unbegründet.
+++Luxemburgs Außenminister Asselborn ist erleichtert+++
Europa reagiert erleichtert auf den Ausgang des Referendums. "Wir brauchen eine starke Europäische Union und kein Sammelsurium von regionalen Provinzinteressen", sagt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn dem Tagesspiegel. Trotz des Erfolges der Unabhängigkeitsgegner gehe der britische Regierungschef David Cameron "nicht gestärkt aus dieser Debatte hervor", sagt Asselborn weiter. Angesichts des für 2017 geplanten britischen Referendums über die Europäische Union müsse Cameron auch weiterhin mit dem Widerspruch fertig werden, dass die Anti-EU-Partei Ukip im Süden der Insel einen starken Zulauf habe, während die Schotten überwiegend pro-europäisch eingestellt seien, sagt Asselborn weiter.
+++Endergebnis: 55,3 Prozent gegen Unabhängigkeit+++
Das Endergebnis des Referendums liegt vor: 55,3 Prozent der Schotten haben sich gegen die Abspaltung ausgesprochen.
+++Cameron: Diskussion ist für die nächste Generation entschieden+++
Der britische Regierungschef David Cameron erklärt in London, dass es richtig gewesen sei, die Referendums-Frage auf ein "Ja" oder "Nein" zur Unabhängigkeit zuzuspitzen. Es werde keine Debatte über den Ausgang des Referendums und auch keine Neuauflage geben, sagt Cameron. "Jetzt ist die Diskussion für nächste Generation entschieden", sagt der Premier. Die Nationen im Vereinigten Königreich seien tatsächlich "better together", also "besser zusammen", erklärt er in Anspielung auf den Slogan der Unabhängigkeitsgegner. Cameron kündigt eine umfassende Reform der Verfasstheit von ganz Großbritannien an. Eine Ausweitung der Machtbefugnisse für das schottische Regionalparlament in Edinburgh solle noch im November verhandelt werden, kündigt Cameron in der Downing Street an. Ein Gesetzentwurf solle im Januar 2015 vorliegen. „Aber der entscheidende Teil, der bisher fehlte, ist England“, sagt Cameron zur Föderalismus-Debatte in Großbritannien. Es solle künftig „englische Stimmen für englische Gesetze geben“, sagt Cameron, ohne dies näher zu erläutern. Die oppositionelle Labour-Partei hatte ein eigenes Parlament für den weitaus größten Teil Großbritanniens gefordert.
+++Labour-Chef Miliband: Großbritannien ist stärker als vorher+++
Labour-Chef Ed Miliband zeigt sich über Twitter zufrieden mit dem Ausgang des Referendums: "Unser Vereinigtes Königreich ist heute stärker, als es gestern war."
+++Unabhängigkeitsgegner feiern den Sieg+++
Der Anführer der schottischen Unabhängigkeitsgegner, Alistair Darling, wird von seinen Anhängern gefeiert. In seiner Rede vor seinen Unterstützern versucht der britische Ex-Finanzminister, die Gräben wieder zu schließen, die das Referendum in Schottland aufgerissen hat: Er zähle darauf, dass die Anhänger des "Ja"-Lagers sich auch weiterhin in die Politik des Landes einmischen werden, sagt Darling. "Wir haben uns auf eine Debatte eingelassen und wir haben gewonnen. Die Stillen haben gesprochen", erklärt er weiter.
+++ Offiziell: "No"-Lager gewinnt +++
Jetzt ist es offiziell: Die Unabhängigkeits-Gegner liegen nach der Auszählung von 30 der 32 Wahlbezirke uneinholbar vorne. Die Bevölkerung Schottlands hat sich mit einem Votum von 54% gegen die Unabhängigkeit von Großbritannien ausgesprochen. Der schottische Regierungschef und Anführer der Unabhängigkeitskampagne, Alex Salmond, räumte die Niederlage in einer Ansprache ein.
+++ Klares Nein aus Edinburgh +++
Edinburgh, die zweite Großstadt, gibt bekannt: 61% "No". Jetzt fehlen nur noch drei Wahlbezirke und die Entscheidung ist wohl endgültig gefallen. Weniger später gibt Feife, ebenfalls ein großer Wahlkreis, den nächsten Sieg für das "No"-Lager bekannt.
+++ Nationalisten räumen Wahlniederlage ein +++
Noch ist das Endergebnis nicht bekannt, doch angesichts der Hochrechnungen haben die Nationalisten ihre Wahlniederlage eingeräumt. Die stellvertretende Ministerpräsidentin der Unabhängigkeitsbewegung, Nicola Sturgeon, sagt auf BBC: „Jedes Mitglied der Yes-Kampagne ist tief enttäuscht. Aber Schottland hat sich für immer verändert“, sagte Sturgeon. Der britische Premier David Cameron hat bereits per den Unabhängigkeits-Gegnern in Schottland zum Sieg gratuliert:
+++ BBC legt sich fest +++
Auch Wahlbezirke, in denen mit einem Sieg der Unabhängigkeits-Befürworter gerechnet wurde, stimmen mit "No". Der Sender BBC gibt die offizielle Prognose heraus: Das "No"-Lager gewinnt die Wahl, Schottland bleibt Teil Großbritanniens. Die entsprechenden Hochrechnungen sagen ein Endergebnis von 55% Stimmen gegen eine Abspaltung Schottlands von Großbritannien voraus.
+++ Glasgow sagt "Yes" +++
Großer Erfolg für die Befürworter der Unabhängigkeit, in Glasgow sagen 53% der Wähler "Yes". Damit macht das Lager etwa 25.000 Stimmen auf einen Schlag gut, der Rückstand beträgt aber trotzdem schon über 200.000 Stimmen. Nur noch acht Wahlbezirke stehen aus. Der Zwischenstand in totalen Stimmen: 1.305.388 Millionen für "No", 1.102.788 für Yes. Die Anzeichen verdichten sich: Es wird wohl nicht reichen für eine Abspaltung von Großbritannien.
Die Wahlbeteiligung in Glasgow betrug übrigens "nur" 75%, was deutlich weniger als in vielen der vorhergegangenen Wahlkreise ist, wo der Wert teilweise die 90% überstieg.
+++ 100.000 Stimmen Vorsprung +++
Der Vorsprung der Abspaltungs-Gegner wächst immer weiter, in Aberdeen gibt es den nächsten klaren Erfolg mit 59%. Die ersten 17 Wahlbezirke haben mittlerweile ihre Ergebnisse verkündet, was etwa 1,2 Millionen Stimmen entspricht. Zwischenstand: 670.350 Stimmen gegen die Unabhängigkeit Schottlands, 521.441 dafür. Ein Vorsprung also von fast 150.000 Stimmen für das "No"-Lager. Gleich kommt das Ergebnis aus Glasgow und damit ein großer Schwung an neuen Stimmen.
+++ "No"-Lager mit weiteren Erfolgen +++
Weitere Ergebnisse werden verkündet, weiterhin mit hoher Wahlbeteiligung. Und die YouGov-Prognose scheint sich zu bestätigen, zumindest vorerst. Das "No"-Lager punktet weiter, nach 12 Wahlbezirken liegen die Gegner der Unabhängigkeit mit 53% vorne. Die Wahlbezirke mit den wirklich signifikanten Wähleranteilen lassen aber weiter auf sich warten. Hier kann sich der Zwischenstand schnell ändern.
+++ Dundee sagt "Yes" +++
Jetzt kommen die ersten Erfolge für die Befürworter der Abspaltung: In Dundee und in West Dunbartonshire hat die Mehrheit für eine Unabhängigkeit Schottlands gestimmt. Vor allem in West Dunbartonshire ein erwartbares Ergebnis, laut BBC. Insgesamt steht es nach den ersten acht von 32 Wahlbezirken damit 49,8 Ja zu 50,2 Nein.
+++ Erste Ergebnisse sind da +++
In den ersten vier ausgezählten Bezirken haben sich die Bürger mehrheitlich gegen eine Abspaltung vom Königreich ausgesprochen. Die ersten Zahlen kamen am frühen Freitagmorgen von den Shetland Inseln, Clackmannanshire, den Orkney Inseln und Western Isles. Die vier kleinen Bezirke stehen aber insgeamt nur für 2,3 Prozent der gesamten Wählerschaft. Die Ergebnisse aus großen Bezirken wie Glasgow und Edinburgh und damit Hinweise auf den Gesamtausgang kommen erst später.
+++ Hohe Wahlbeteiligung zeichnet sich ab +++
Mit Quoten um die 90 Prozent in vielen Wahlkreisen könnte die Abstimmung sogar den britischen Rekord bei der Parlamentswahl 1950 übertreffen.
+++ YouGov-Chef Kellner prominentester britischer Meinungsforscher +++
Peter Kellner gilt als Großbritanniens prominentester Meinungsforscher mit seinem Institut YouGov. Mit seiner Umfrage war er als erstes auf dem Markt (siehe etwas weiter unten). Und dem Sender Sky News, sagte er: "Wenn wir das falsch sehen, wenn Ja gewinnt, dann machen wir etwas ziemlich falsch, und andere Meinungsforscher infolgedessen auch", sagte Kellner.
+++ Umfrage stärkt das Pfund +++
"Es sieht so aus, als ob die Union uns zunächst erhalten bleibt und das der Vorsprung größer ist als noch vor zehn Tagen", sagte eine YouGov-Mitarbeiterin am Abend. Die Umfrage stärkt sofort den Pfund. In London bleiben Devisenhändler wach, um auf das Ergebnis zu handeln.
+++ CNN: Schotten bei 110 Prozent +++
Was die YouGov-Umfrage am Ende wert sein wird, wird man sehen, wenn am Morgen das genaue Ergebnis da ist. Aber CNN, so viel ist sicher, wird es sehr schwer haben, an das korrekte Ergebnis heranzukommen. Dafür sind einfach ein paar mathematische Grundregeln nicht ganz korrekt.
+++ YouGov sieht Unabhängigkeits-Gegner vorn +++
Es ist kein Ergebnis, es ist noch nicht einmal ein Exit Poll im klassischen Sinne, aber es ist eine aktuelle Umfrage unter denen, die wählen waren und die sieht ein recht klares Ergebnis: Yes 46%, No 54%. Und auch wenn sich der Chef des Meinungsforschungsinstituts Peter Kellner des Risikos bewusst ist, sagt er, dass es eine 99prozentige Wahrscheinlichkeit sei, dass die NO-Befürworter gesiegt hätten. YouGov befragte mehr als 1828 Wähler nach der Stimmabgabe sowie 800 Briefwähler.
+++ Ergebnisse werden am frühen Morgen erwartet +++
Es wird einige Zeit dauern, bis die ersten Ergebnisse eintreffen. Zwischen 3 und 5 Uhr unserer Zeit. Die großen Städte kommen erst am frühen Morgen. Aber egal wie, David Cameron, der britische Premierminister will sich gleich nach Bekanntgabe des Ergebnisses äußern, ganz gleich wie die Abstimmung ausgegangen ist.
+++ Wahllokale geschlossen +++
Seit 22 Uhr Ortszeit sind die Wahllokale geschlossen. 97 Prozent der Wahlberechtigten haben sich für die Abstimmung registriert, was eine der größten Wahlbeteiligungen in der Geschichte Schottlands werden wird.
+++ Twitter: Mehr #voteyes als #bettertogehther Tweets - auch in Berlin +++
Auf einer Heatmap zu den Twittertrends wird erkennbar, dass deutlich mehr Menschen mit einem Yes-Hashtag, also beispielsweise #voteyes, #yesscotland, #voteyesscotland, Tweets abgesetzt haben als mit einem No-Hashtag wie #bettertogether. Das gilt für Schottland selbst aber auch für andere separatistische Gebiete in Europa wie Katalonien oder im Baskenland. Aber auch in Berlin. Obwohl separatistische Bestrebungen hier bisher eher unbekannt sind - vielmehr wollte man ja Zusammenschlüsse - mit Brandenburg. Aber das ist ein altes Thema. Hier geht es zur Heatmap.
+++ Noch 30 Minuten bis zur Schließung der Wahllokale +++
Es dauert noch etwa 30 Minuten, dann schließen die Wahllokale. Doch Exit Polls, Prognosen, wie bei Wahlen üblich gibt es nicht. Die BBC hat darauf verzichtet, angeblich weil sie zu teuer waren. Deshalb wird es bis in den frühen Morgen dauern ehe die Ergebnisse da sind.
+++ Die Yeahsayer versammelt sich +++
Unsere Reporterin Elisa Simantke macht sich auf die Spur und findet das Headquarter der Yes-Kampagne - ein Haus mit angeschlossenem Pub.
+++ Egal, wie es ausgeht: Großbritannien wird auseinanderbrechen +++
„Schottland wird sich heute entscheiden, doch wie das Referendum auch ausgeht, das Auseinanderbrechen Großbritanniens ist jetzt unumkehrbar“, sagt Mark Perryman, Herausgeber des Buchs „Imagined Nation: England After Britain“ , das sich mit Dezentralisierung, Separatismus und regionaler Identität auseinandersetzt. „Schottland wird entweder eine unabhängige Nation oder bekommt künftig so viel Macht von einem verschreckten politischen Establishment zugesprochen, als wäre es unabhängig. Die alte Ordnung ist passé, nicht nur Schottland, sondern auch England, Wales und Nordirland beginnen eine neue, eigene Phase ihrer Geschichte. Es ist vielleicht nicht ganz so ein historischer Moment wie der Fall der Berliner Mauer, aber für die meisten von uns auf der Insel so nah dran an dem wie nur möglich in ihrem Leben.“ Mehr von Mark Perryman zum Referendum aus der Sicht eines englischen Publizisten lesen Sie hier.
+++ Johnny Marr hat eine klare Haltung +++
Johnny Marr kann es im Prinzip mit der Unabhängigkeit Schottlands gar nicht schnell genug gehen. Der Gitarrist der "Smiths" hofft auf weitere Unabhängigkeitserklärungen - vor allem seiner Geburtsstadt Manchester.
+++ Auf sie kommt es an: Mary Pitcaithly +++
Sie ist eine Art Wahlleiterin und Chefauszählerin, Mary Pitcaithly. Sie wird am Ende das Ergebnis verkünden und auch entscheiden, wie und wie detailliert es verkündet wird. Pitcaithly hat auf jeden Fall genug Erfahrung, weil sie diverse Wahlen bereits in dieser verantwortlichen Position war. Trotzdem wird es auch für sie etwas besonderes, denn es wird wohl die Wahl mit der höchsten Beteiligung in Schottland. Die BBC hat ein Porträt über sie gedreht, was es hier zu sehen gibt.
+++ Yes or No - das ist hier die Frage +++
So sieht der Stimmzettel aus. Den hat unsere Reporterin vor Ort, Elisa Simantke, zugespielt bekommen von einem überzeugten "Yes"-Sager. Aus Datenschutzgründen hat der Informant nur den Bezirk unkenntlich gemacht.
+++Asiaten sind die wahren Patrioten+++
Im Jahr 2008 war unser Online-Ressortleiter Markus Hesselmann Korrespondent in Großbritannien. Damals sprach er auch mit dem heutigen schottischen Ministerpräsident Alex Salmond. Über Unabhängigkeit, Einwanderung und wie dies zusammenhängt: "Unsere asiatischen Einwanderer sind schottische Patrioten. Viele von ihnen sind stärker für die Unabhängigkeit als unsere „weiße“ oder „angestammte“ Bevölkerung. Sie sehen sich eher als Schotten und weniger als Briten", sagte Salmond damals. Das ganze Interview lesen Sie hier.
+++Was wird aus dem schottischen Sport?+++
Es ist noch gar nicht so lange her, da war Andy Murray im britischen Sport eine höchst unbeliebte Person. 2006 wurde der damals 19-jährige Schotte gefragt, wen er bei der Fußball-WM in Deutschland unterstützt. Seine Antwort: „Wen auch immer, der gegen England spielt.“ Mit diesem Kommentar rasten Murrays Popularitätswerte mit einem Schlag bergab. In Wimbledon bekam der Tennisprofi Drohungen und wurde reihenweise als „schottisches Arschloch“ beschimpft. Nur wenige Jahre später, als er endlich ein Grand-Slam-Turnier gewann, wurde er wieder zum Nationalheld.
Am Donnerstag könnte Großbritannien diesen Nationalhelden allerdings wieder verlieren.
Der Kilt ist das Accesoire des Tages
+++Für die Kinder und eine bessere Zukunft+++
Unsere Reporterin Elisa Simantke ist im Zentrum von Edinburgh im Bezirk Morningside unterwegs. Die frisch aus den Lokalen strömenden Wähler bestätigen die knappen Umfragewerte. Emma Mitchel stimmte zum Beispiel mit nein: "Für eine britische Zukunft für meine Kinder", sagt sie. Graeam Murray hat dagegen mit ja gestimmt, weil er eine "bessere Zukunft" wünscht. Er sieht eine Million Gründe für ja zu stimmen und nur einen für nein: Angstmache. Dennoch scheint die Atmosphäre weder "gespalten", noch "vergiftet" zu sein. Natürlich gebe es zwei Lager, sagen viele Schotten, aber sie würden im Großen und Ganzen ihre Argumente sachlich aus.
+++Groundskeeper Willie zum Referendum+++
+++Im Baskenland heißt Schottland das Vorbild+++
Die Regierung der Autonomen Region Baskenland will sich für eine eventuelle Trennung von Spanien ein Beispiel an Schottland nehmen. „Wir wollen den Weg Schottlands gehen“, sagte der regionale Regierungschef Iñigo Urkullu am Donnerstag am Rande einer Veranstaltung in der baskischen Gemeinde Azcoitia. Die Schotten stimmten am Donnerstag über ihre Unabhängigkeit von Großbritannien ab. Unabhängigkeitsbewegungen gibt es in Spanien auch in Katalonien und Galicien. Die katalanische Regionalregierung will am 9. November ein Referendum über die Abspaltung von Spanien abhalten. Die Zentralregierung nennt die Volksabstimmung illegal und versichert, sie werde auf keinen Fall stattfinden. In Schottland kämpft Ministerpräsident Alex Salmond für ein "Yes" für die Unabhängigkeit und wird damit zur Ikone für viele Katalanen und Basken.
+++Für diese Uhrzeiten sind die Ergebnisse der einzelnen Bezirke angekündigt+++
+++Bis 10 Uhr haben schon 18,5 Prozent ihre Stimme abgegeben+++
Nach Angaben der in Edinburgh erscheinenden Zeitung "The Scotsman" haben um 10 Uhr morgens bereits 18,5 Prozent der registrierten Wähler am Referendum teilgenommen. Viele Wahlberechtigte seien schon vor der Arbeit ins Wahllokal gegangen, schreibt das Blatt. Der schottische Ministerpräsident Alex Salmond hat seine Stimme in seinem Wahlkreis in Aberdeenshire abgegeben. "Wir befinden uns in der Hand der Menschen in Schottland", sagt Salmond, der führende Kopf der "Ja"-Kampagne.
Salmond gibt seine Stimme ab, als auch die Erstwählerinnen Natasha McDonald (18) und Lea Pirie (28) im Wahllokal ihre Entscheidung treffen. "#LetsDoThis Scotland!" (Lasst es uns tun, Schottland!) twittert Salmond anschließend. Salmonds Gegenspieler Alistair Darling gibt derweil seine Stimme in Edinburgh ab. Der britische Ex-Finanzminister, der das Lager der Unabhängigkeitsgegner anführte, zeigt sich siegessicher: "Ich bin zunehmend zuversichtlich, dass wir heute Abend den Sieg davontragen werden", sagt er mit Blick auf seine "Better together"-Kampagne.
+++Auch Mädchen und Jungen in Schuluniformen entscheiden mit+++
Bryden Firth aus Edinburgh-Morningside hat für die Unabhängigkeit gestimmt. Der 35-Jährige findet: "Die Wähler sollten stärker mitbestimmen können." Er macht sich keine Sorgen darum, dass ein unabhängiges Schottland wirtschaftliche Probleme bekommen könnte: "Andere kleinere und ärmere Länder haben es auch geschafft." Auch die Spanierin Alba Alonso durfte beim Referendum mitmachen. Die 33-Jährige hat ebenfalls mit "Ja" gestimmt. Wohl auch mit Blick auf ihr Herkunftsland: Auch für Katalanen, Basken und Galizier fordert sie ein Unabhängigkeits-Referendum. In die Warteschlangen vor den Wahllokalen reihen sich derweil auch Mädchen und Jungen in Schuluniformen. An der Abstimmung dürfen Wähler ab 16 Jahren teilnehmen. Britische Kommentatoren sahen wegen des großen Interesses und der durchdringenden politischen Debatte unabhängig vom Ausgang einen „Sieg für die Demokratie.“
+++CSU-Politiker Posselt sieht "Anfang vom Ende des zentralistischen Nationalstaats"+++
Der CSU-Politiker Bernd Posselt bezeichnet das Schottland-Referendum - ungeachtet seines Ausganges - als „Anfang vom Ende des zentralistischen Nationalstaates in Europa“. Der zentralistische Nationalstaat sei „zu klein, um die Probleme der heutigen Welt zu lösen, aber gleichzeitig zu groß, um Heimat zu bieten“, erklärt der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland. Deshalb müssten Kompetenzen von der nationalen Ebene sowohl auf die europäische als auch an die regionale abgegeben werden: „Die Zukunft gehört einer mehrstufigen Europäischen Union, die sich als Heimat der Heimaten definiert.“ Posselt ruft dazu auf, auch in Deutschland sowohl den Föderalismus als auch die Orientierung hin zu einem supranationalen Europa zu stärken.
+++"Trennung ist eine Katastrophe"+++
Merial und Morris Eggeling aus dem Edinburgher Stadtteil Morningside haben gegen die Unabhängigkeit gestimmt. Sie halten das für den falschen Weg, sagt das Paar. "Eine Trennung ist eine Katastrophe", lautet das Urteil der beiden. Derweil sorgt die Unklarheit über den Ausgang des Schottland-Referendums unter Pfund-Anlegern am Donnerstag für Zurückhaltung. Angesichts der zuletzt noch beachtlichen Zahl an unentschlossenen Wählern sei völlig offen, ob die Mehrheit für eine Abspaltung von Großbritannien stimmen werde oder nicht, schreibt LBBW-Analyst Uwe Streich in einem Kommentar. Das Pfund, das seit Anfang September in der Spitze mehr als drei Prozent verloren hat, notiert am Donnerstag kaum verändert bei 1,6273 Dollar.
Hier twittert unsere Reporterin Elisa Simantke aus Schottland:
+++Europa im Bann des Schottland-Referendums+++
Auch in Brüssel und Straßburg, wo derzeit die Europaabgeordneten zur Plenarsitzung versammelt sind, schaut man gebannt auf das Geschehen in Schottland. Julia Reda, die im vergangenen Mai für die Piratenpartei ins Europaparlament gewählt wurde und nun Vizechefin der Grünen-Fraktion in Straßburg ist, sieht das Referendum in Schottland als einen „Gewinn für die Demokratie“. Sie wolle den Schotten keine Ratschläge erteilen, sagt die Jungpolitikerin dem Tagesspiegel.
Allerdings gibt sie zu bedenken, dass eine schottische Unabhängigkeit möglicherweise auch beim 2017 geplanten Referendum in Rest-Großbritannien zu einem „Nein“ zur EU führen könnte: „Wenn die eher pro-europäischen Schotten aus dem Vereinigten Königreich aussteigen sollten, dann verändern sich natürlich auch die Mehrheiten für einen Verbleib Großbritanniens in der EU.“
+++Im Kilt die Radiosendung moderieren+++
In ihrer Morgensendung auf "radioeins" moderierten anlässlich des Referendums Stefan Rupp und Christoph Azone im schottischen Kilt. Passend wünschten sie alias Braveheart Steven McRupp und Highlander Chris McAzone ihren Facebook-Fans einen "The Nice Morning".
Reger Andrang vor den Wahllokalen
Vor den Wahllokalen in Edinburgh herrscht bereits am Morgen reger Andrang. "Das ist ein sehr spezieller Tag, einmalig im Leben", sagt der Leiter der örtlichen Wahlkommission, Peter Macvean. Das Referendum regt auch deshalb reges Interesse hervor, weil der Ausgang knapp werden dürfte: In den beiden jüngsten Umfragen zum Ausgang des Referendums haben die Gegner einer Abspaltung einen leichten Vorsprung. In einer am späten Mittwochabend veröffentlichten YouGov-Erhebung sprachen sich 52 Prozent der Befragten für einen Verbleib im Vereinigten Königreich aus, 48 Prozent dagegen. Sechs Prozent gaben an, sie seien noch unentschieden. In einer Umfrage des Instituts Survation waren 53 Prozent gegen eine Abspaltung und 47 Prozent dafür. Hier lag die Zahl der noch Unentschiedenen bei neun Prozent.
Unsere Reporterin vor Ort, Elisa Simantke, sammelt ihre Eindrücke auch auf Twitter:
+++IWF und Banken warnen vor Unabhängigkeit+++
Der Internationale Währungsfonds und die meisten Banken warnen, dass bei einem Erfolg der Unabhängigkeitsbefürworter "heftige Verwerfungen" drohen könnten. Das Negativ-Szenario: Mittelfristig drohen nicht weniger als das Aus für den viertgrößten Finanzmarkt Europas in Edinburgh, ein jahrelanger Rosenkrieg um die britischen Staatsschulden, die Renten- und Sozialsysteme und das Nordsee-Öl, eine Neubewertung der britischen Bonität und erhebliche Schwankungen des Pfunds. Lesen Sie den Beitrag von Veronika Csizi: "Was die Unabhängigkeit für Anleger bedeuten würde".
+++"Schottlands Tag der Abrechnung"+++
Die Zeitungen auf der Insel stimmen die Wähler im Norden noch einmal ganz unterschiedlich auf die historische Abstimmung ein: Während der Londoner "Daily Mirror" in Anlehnung an den Disco-Hit von Thelma Houston "Don't leave us this way" titelt und dabei einen Union Jack zeigt, der nur noch das Georgskreuz aufweist, zeigt sich die Zeitung "The Herald" aus Glasgow schon selbstbewusster. Die Schlagzeile des Blattes lautet "Scotland's day of reckoning" - Schottlands Tag der Abrechnung.
+++Die Abstimmung hat begonnen+++
Der Tag der Entscheidung für knapp 4,3 Millionen Wahlberechtigte hat begonnen. Seit 7.00 Uhr Ortszeit (8.00 Uhr MESZ) haben die in Schottland lebenden Wahlberechtigten die Möglichkeit, ihre Stimme für oder gegen die Unabhängigkeit von Großbritannien abzugeben. Das Interesse an dem Referendum ist überwältigend: 97 Prozent der Wahlberechtigten haben sich für die Abstimmung registrieren lassen.
+++Yes or No: Was wollen eigentlich die Studenten in Schottland?+++
Eine Autorin unseres neuen Jugendmagazins "Der Schreiberling" hat sich auf den Straßen Glasgows unter Studenten umgehört und ist überrascht: Die Aktivisten der Yes-Bewegung tragen keine Schottenröcke, sondern Jeans und Hemden. Wohin tendieren die jungen Schotten und warum? Das lesen Sie hier.
+++Tennisprofi Murray für Unabhängigkeit +++
Lange schwieg der bekannteste Sport-Star Schottlands zum Referendum. Doch jetzt zeigt Tennisprofi Andy Murray seine Unterstützung für die Ja-Kampagne. In einem Tweet schreibt er: "Ein großer Tag für Schottland heute! Die negative Haltung der Nein-Kampagne in den letzten Tagen hat meine Sicht total verändert. Bin gespannt auf das Ergebnis. Tun wir es!"
+++Rede von Salmond in Perth+++
Ein letztes Mal wandte sich der schottische Regierungschef Alex Salmond am Mittwochabend öffentlich in Perth nördlich von Edinburgh an seine Landsleute und schwor sie auf ihre "Chance des Lebens" ein. US-Präsident Barack Obama plädierte am Vorabend der Volksabstimmung noch einmal für die Einheit Großbritanniens. "Das ist unsere Chance des Lebens und wir müssen sie mit beiden Händen ergreifen", rief der Unabhängigkeitsbefürworter Salmond seinen Anhängern zu. Die Menge schwenkte schottische Flaggen und rief immer wieder "Yes, we can" - in Anlehnung an Obamas einstigen Wahlkampfslogan. Mit emotionalen Worten führte Salmond den Schotten die Chance vor Augen, die Zukunft ihrer Nation zu gestalten. "Das ist der größte, mächtigste Moment, den jeder von uns je haben wird." In den letzten Umfragen vor dem großen Tag lagen die Gegner einer schottischen Unabhängigkeit erneut knapp vor dem "Ja"-Lager. Allerdings könnten die bis zuletzt unentschiedenen Wähler letztlich von Bedeutung sein. Salmond sicherte indes zu, das Ergebnis mit Würde zu tragen und zu akzeptieren, sollte es nicht zu seinen Gunsten ausgehen.
Doch was versprechen die Anhänger der Unabhängigkeit eigentlich? Lesen Sie hier einen Überblick von Katja Reimann.
Unabhängigkeitsbefürworter Salmond am Tag vor dem Referendum auf Twitter:
+++Spanien schaut mit Sorge auf das Referendum+++
Auf der Iberischen Halbinsel wächst die Nervosität angesichts des Referendums in Schottland. Spaniens Regierungschef Rajoy warnte am Vorabend der Abstimmung eindringlich vor einer Zersplitterung der europäischen Staatengemeinschaft. Lesen dazu hier den Beitrag von Albrecht Meier "Torpedo gegen europäischen Geist". (mit dpa/rtr/AFP)