Alternative für Deutschland: AfD-Chef Meuthen wechselt ins Europaparlament
Nur noch ein Mandat hat die AfD im Europaparlament in Straßburg - das möchte nun AfD-Chef Jörg Meuthen übernehmen. Den Fraktionsvorsitz in Stuttgart gibt er dafür auf.
Es war im November 2016, als AfD-Chef Jörg Meuthen erklärte, er kandidiere nicht für den Bundestag. Schließlich sei er ja Fraktionschef in Baden-Württemberg und wolle das auch bleiben. Doch nun, ein Jahr später, zieht es Meuthen doch weg, nach Straßburg ins Europaparlament. „Ich habe mich nach reiflicher Überlegung entschlossen zu wechseln“, sagte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Stuttgart. Ende November will er den Fraktionsvorsitz aufgeben, langfristig auch sein Abgeordnetenmandat.
Meuthen war bei der Wahl zum Europaparlament 2014 auf Platz zehn der AfD-Liste angetreten. Sieben Mandate errang die AfD in Straßburg. Meuthen ging also leer aus. Doch nun wurde die AfD-Europaabgeordnete und Vize-Parteichefin Beatrix von Storch in den Bundestag gewählt. Und auch die nächsten zwei Nachrücker auf der Liste, der AfD-Vordenker Marc Jongen und der niedersächsische AfD-Chef Armin Paul Hampel, sind mittlerweile Bundestagsabgeordnete. So war es an Meuthen zu entscheiden, ob er das Mandat im Europaparlament wahrnehmen möchte.
„Die AfD ist im Europaparlament krass unterrepräsentiert“
„Ich habe in meinem Beruf als Hochschullehrer sehr stark mit EU-Bezügen gearbeitet und bin als Wirtschaftswissenschaftler von der Pike auf vertraut mit der Währungsunion“, erklärte Meuthen nun. Davon könne er im Europaparlament profitieren. Zudem seien die Euro- und EU-kritischen Positionen die „Ur-DNA“ seiner Partei.
Dass er nach Straßburg geht, begründet Meuthen auch damit, dass die AfD nur noch mit einem Mandat in Straßburg vertreten ist. Zuletzt war der Europaabgeordnete und Ex-NRW-Landeschef Marcus Pretzell aus der Partei ausgetreten. Die anderen ursprünglichen AfD-Mandatsträger sind mittlerweile Mitglieder bei den Liberal-Konservativen Reformern (LKR), der neuen Partei von Ex-AfD-Chef Bernd Lucke. „Die AfD ist im Europaparlament krass unterrepräsentiert“, sagte Meuthen.
Er möchte nun vorbauen für die Zeit nach der nächsten Europawahl. Dann will die AfD stärkste Partei in einer „konservativ-freiheitlichen“ Fraktion sein. Zunächst wird Meuthen aber Mitglied der EFDD-Fraktion, die unter anderem von der britischen EU-Skeptiker-Partei Ukip angeführt wird. Diese verlässt aber mit dem Brexit das Europaparlament.
Keine doppelten Bezüge
Meuthen betonte, dass er zwar für eine Übergangszeit noch sein Abgeordnetenmandat im Landtag behalten wolle, aber keine doppelten Bezüge bekomme. Bislang erhalte er als Fraktionschef knapp 25 000 brutto im Monat. Als Europaabgeordneter mit Landtagsmandat seien es maximal 16 000 Euro.
Zuvor hatte Meuthen Ex-AfD-Mann Pretzell kritisiert, der neben seinem Europamandat auch noch Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag ist. „Ämterhäufung“ wird in der AfD mit großer Missbilligung gesehen. Meuthen will diesem Vorwurf entgehen und sein Mandat im Landtag deshalb nicht bis zum Ende der Legislatur behalten. Dennoch gibt es bereits kritische Stimmen aus der AfD angesichts Meuthens Entscheidung. Damit, dass er sein Landtagsmandat nicht sofort abgebe, „nimmt er einem anderen Parteimitglied den Platz weg“, sagte der AfD-Bundestagsabgeordnete Uwe Witt.
Dabei ist der AfD-Chef auf das Wohlwollen seiner Parteikollegen angewiesen. Beim Bundesparteitag Anfang Dezember in Hannover möchte er sich zur Wiederwahl stellen. Seit dem Weggang von Ex-Parteichefin Frauke Petry führt der Verbündete von AfD-Vize Alexander Gauland und Rechtsaußen Björn Höcke allein die Geschäfte der Partei.
AfD-Opernsänger Driesang geht leer aus
Einer ist über Meuthens Wechsel nach Straßburg besonders unglücklich: Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang. Der Opernsänger aus Bayern wäre nach Meuthen der nächste Nachrücker gewesen und hatte sich bereits Hoffnungen auf das Mandat gemacht. Driesang wird sich nun aus der aktiven Politik zurückziehen, wie er faz.net sagte. Er könne sich ohne ein Abgeordnetenmandat an Wochenenden nicht einerseits der Parteiarbeit widmen, andererseits aber auch Opernproben und Vorstellungen. „Ich hätte mich sehr gefreut, im Europaparlament zu sein. Ich bin ein bisschen traurig“, sagte Driesang.