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Deutschland und Putins Russland: Abschied vom Erbe Gerhard Schröders?

Der russische Präsident Wladimir Putin ist im Kreml vereidigt worden, seine Amtszeit geht bis 2024. Worauf sich die deutsche Außenpolitik jetzt einstellen muss - ein Kommentar in drei Thesen.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Altkanzler Gerhard Schröder bei Putins Amtseinführung neben Ministerpräsident Dmitri Medwedew
Altkanzler Gerhard Schröder bei Putins Amtseinführung neben Ministerpräsident Dmitri Medwedew
© dpa

Wladimir Putin wird bleiben. Der russische Präsident ist für weitere sechs Jahre vereidigt worden. Wie soll der Westen, wie soll Deutschland mit Putins Russland umgehen? Drei Thesen:

Wir brauchen einen ehrlichen Dialog

In der deutschen Debatte wird gebetsmühlenartig wiederholt, der „Gesprächsfaden“ dürfe nicht abreißen. Doch selbst im Jahr der Krim-Annexion 2014 ging der Dialog auch auf Regierungsebene weiter. Seitdem brachte der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier seine Amtskollegen aus Russland, der Ukraine und Frankreich immer wieder an einen Tisch, um eine Lösung für die Ostukraine zu erreichen. Fortschritte gab es kaum, doch Steinmeier hielt trotzdem an diesen Treffen fest. Sein Nachfolger Sigmar Gabriel dagegen setzte sich nur ein einziges Mal mit seinen Amtskollegen aus Moskau, Kiew, und Paris zusammen. Der neue Außenminister Heiko Maas will nach mehr als einem Jahr Stillstand die Gespräche wieder in Gang bringen. Es ist höchste Zeit, einen ehrlichen Dialog mit Moskaus Machthabern zu führen, in dem die Taten des Kremls weder ignoriert noch als Reaktion auf Fehler des Westens entschuldigt werden dürfen.  

Nicht Russland ist das Problem, sondern der Kreml

In Deutschland, so heißt es oft, stünden sich zwei Lager gegenüber, die „Russlandversteher“ und die „Russlandkritiker“. Doch schon die Begriffe führen in die Irre. Denn nicht Russland und seine Bürger sind das Problem, sondern eine kleine Machtelite, die sich seit Jahren am System Putin bereichert hat. „Auch wir sind Russland“, sagen die Oppositionellen und Bürgerrechtler im Land. Doch bei den deutschen „Kremlverstehern“, die den Dialog gern in staatstragenden Events pflegen, finden sie kein Gehör. Das erinnert an die Schlussphase der Ostpolitik, deren Akteure sowohl die Dissidenten in der Sowjetunion als auch die polnische Solidarnosc-Bewegung als Störfaktoren wahrnahmen.

Deutsche Außenpolitiker in Regierung und Bundestag sollten jetzt auch mit den kremlkritischen Stimmen das Gespräch suchen und tragfähige Kontakte knüpfen. Gleichzeitig müssen sich die EU-Staaten entscheiden, ob sie es weiter hinnehmen wollen, dass Moskaus Machtelite in ihren Ländern ein Milliardenvermögen in Sicherheit gebracht hat.

Deutsche Alleingänge darf es nicht mehr geben

Der neue Minister Maas macht eigentlich in der Russlandpolitik nichts anders als die meisten seiner Amtskollegen in der Europäischen Union – Länder, in denen Rechtspopulisten mitregieren, einmal ausgenommen. Doch sein neuer Ton stößt bei einigen in der SPD auf Kritik, die „Parteifreunde“ gaben ihm keine 100 Tage, bevor sie ihn öffentlich rügten. Diejenigen, die den neuen Außenminister jetzt am lautesten kritisieren, schweigen allerdings seit Jahren zum Verhalten von Gerhard Schröder, der mittlerweile drei bezahlte Aufsichtsratsposten in Unternehmen hat, die vom Kreml kontrolliert werden. Am Tag nach der Festnahme von mehr als 1500 Demonstranten in Russland stand der Rosneft-Aufsichtsratschef bei Putins Amtseinführung in der ersten Reihe - als einziger westlicher Ex-Regierungschef. Sollte es Maas gelingen, seinen Kurs gegenüber dem Kreml fortzusetzen, würde dies die deutsche Außenpolitik endlich vom unseligen Schröder-Erbe befreien.

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