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Ein Schild mit der Aufschrift "Halt!" steht im ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau in Oswiecim (Polen). Mehr als 70 Jahre nach dem Einsatz im Konzentrationslager Auschwitz soll sich ein heute 95-Jähriger vor dem Landgericht Neubrandenburg verantworten.
© dpa

Prozess in Neubrandenburg: 95-Jähriger war als SS-Sanitäter in Auschwitz

In Neubrandenburg muss sich ab heute ein 95-Jähriger vor Gericht verantworten. Um das Verfahren gab es lange juristischen Streit.

In Neubrandenburg beginnt an diesem Montag ein neuer Auschwitz-Prozess. Der 95-jährige Hubert Z. muss sich wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 3681 Menschen verantworten. Von Oktober 1943 bis Januar 1945 war er als Sanitäter im Dienst der SS in Auschwitz. Es ist nach dem Lüneburger Verfahren gegen Oskar Gröning im vergangenen Jahr und einem vor knapp drei Wochen begonnenen Prozess in Detmold das dritte Verfahren innerhalb kurzer Zeit, in dem es um die Verbrechen in dem nationalsozialistischen Vernichtungslager geht.

Fast bis zuletzt war unklar, ob der Prozess überhaupt wie geplant beginnen könnte. Z.s Anwälte hatten bereits im vergangenen Jahr geltend gemacht, dass ihr betagter Mandant einem Prozess nicht mehr folgen könne. Das Landgericht Neubrandenburg entschied im Juni, dass es kein Verfahren geben würde, da der Angeklagte verhandlungsunfähig sei. Von einer Demenz war die Rede, die zu ausgeprägten kognitiven Einschränkungen geführt habe.

Doch die Staatsanwaltschaft Schwerin legte umgehend Beschwerde gegen den Beschluss ein, die Verhandlungsunfähigkeit sei „rechtsfehlerhaft festgestellt“ worden. Das Oberlandesgericht Rostock entschied nach einem weiteren Gutachten, dass der mittlerweile 95-Jährige eingeschränkt verhandlungsfähig sei, und eröffnete das Verfahren.

Doch sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Nebenklagevertreter gehen nun offenbar davon aus, dass das Landgericht Neubrandenburg diesen Prozess gar nicht will und ihn so schnell wie möglich einstellen möchte. So setzte das Gericht für diesen Montag erneut die Verhandlungsfähigkeit auf die Tagesordnung. Anders als beispielsweise im Detmolder Auschwitz-Verfahren ist an diesem ersten Tag kein einziger Zeuge geladen.

Die Staatsanwaltschaft Schwerin stellte deshalb einen Befangenheitsantrag gegen zwei Richter – ein mehr als ungewöhnlicher Vorgang. Auch der Nebenklagevertreter Cornelius Nestler lehnte alle drei Berufsrichter wegen Befangenheit ab. Er beanstandete den Umgang des Gerichts mit einem Auschwitz-Überlebenden, der Nebenkläger in dem Verfahren ist. Das Gericht wies beide Anträge als unbegründet zurück, und so kann der Prozess nun doch wie geplant an diesem Montag beginnen.

Ein Teil der Sanitäter schüttete Zyklon B in Gaskammern

Die Anklage gegen Hubert Z. bezieht sich auf den Zeitraum von Mitte August bis Mitte September 1944. In dieser Zeit kamen mindestens 14 Deportationszüge auf der Rame des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau an. Anders als Reinhold Hanning, der in Detmold vor Gericht steht, war Z. kein Wachmann, sondern SS-Sanitäter.

Die Sanitäter pflegten nicht nur kranke SS-Angehörige, sondern wurden auch in den Häftlingskrankenbauten eingesetzt. Sie begleiteten beispielsweise die Lagerärzte, wenn diese dort im Rahmen einer so genannten Selektion Häftlinge in die Gaskammern schickten. Ein Teil der SS-Sanitätsdienststaffel bildete außerdem das so genannte „Desinfektionskommando“. Dessen Aufgabe war es, das tödliche Zyklon B in die Gaskammern zu schütten.

Z. selbst soll ausgesagt haben, er sei nicht schuldig, er selbst sei kein Täter. Mit dem, was in Auschwitz geschah, will er nichts zu tun gehabt haben.

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