Gewalt im Westen Myanmars: 6000 Rohingya-Flüchtlinge sitzen an Grenze zu Bangladesch fest
Mitglieder der verfolgten muslimischen Minderheit fliehen vor Gewalt im Westen Myanmars. Seit Freitag wurden bei Gefechten mehr als 110 Menschen getötet.
Nach der jüngsten Gewalteskalation im Westen Myanmars sitzen mindestens 6000 muslimische Flüchtlinge an der Grenze zu Bangladesch fest. Nach Behördenangaben war die Situation vier Tage nach Beginn der Gefechte noch immer "unberechenbar".
Dhaka hält die Mitglieder der Rohingya-Minderheit von der Einreise ab, während die Vereinten Nationen das Land zur Grenzöffnung für die Rohingya drängen. Bangladesch schlug Myanmar ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen muslimische Rebellen vor.
Ein bangladeschischer Behördenvertreter erklärte am Dienstag, noch am Vorabend "laute Schüsse von automatischen Waffen" gehört und "Rauch in Schwaden von brennenden Dörfern aufsteigen" gesehen zu haben. Seit Freitag wurden bei den Gefechten zwischen Rohingya-Rebellen und Sicherheitskräften mehr als 110 Menschen getötet, darunter rund 80 Rebellen. 5200 Rohingya-Zivilisten sollen es nach UN-Angaben in den vergangenen drei Tagen nach Bangladesch geschafft haben.
Die Mehrheit wurde jedoch aufgehalten, 500 Menschen wurden der Grenzbehörde zufolge zurückgeschickt. Ein AFP-Reporter berichtete, Grenzschützer in Bangladesch würden mehrmals am Tag diejenigen Mitglieder der muslimischen Minderheit zurückfahren, denen die Einreise gelungen sei.
400.000 Rohingya-Flüchtlinge leben in Camps unter elenden Bedingungen
In Camps an der Grenze zu Myanmar leben bereits etwa 400.000 Rohingya-Flüchtlinge unter elenden Bedingungen. Daher hatte die Regierung in Dhaka die Grenzbehörde angewiesen, unter keinen Umständen weitere Rohingya ins Land zu lassen.
Die Gewalt in Myanmars westlichem Bundesstaat Rakhine war am Freitag nach Angaben der Regierung eskaliert, nachdem Rohingya-Rebellen Polizei- und Armeeposten im Norden der Provinz angegriffen hatten.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres und der Sprecher des UN-Flüchtlinghilfswerks UNHCR, Adrian Edwards, forderten Bangladesch am Dienstag eindringlich dazu auf, Flüchtlingen aus Myanmar Schutz zu gewähren. Guterres erinnerte daran, dass sich auch verletzte Frauen und Kinder unter den Schutzsuchenden befinden würden.
UN-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad Al Hussein verurteilte die Angriffe der Rohingya-Rebellen, machte aber auch die "jahrzehntelangen hartnäckigen und systematischen Menschenrechtsverletzungen" gegen Angehörige der muslimischen Minderheit für die jüngsten Gewaltausbrüche verantwortlich.
Bundesregierung bietet Hilfe an
Bangladesch hatte seinem Nachbarland am Montag ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen die Rebellen der muslimischen Rohingya-Minderheit vorgeschlagen. Ein ranghoher Mitarbeiter des Außenministeriums in Dhaka hatte gesagt, wenn Myanmar es wünsche, könnten die Sicherheitskräfte beider Staaten die Aufständischen an der gemeinsamen Grenze bekämpfen. Der Ministeriumsvertreter äußerte sich nach einem Treffen mit Myanmars Geschäftsträger in Dhaka. Dieser gab keinen Kommentar ab.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), appellierte am Dienstag an alle Konfliktparteien, "ihr Möglichstes zur Deeskalation der Lage zu tun und die Zivilgesellschaft zu schützen". Auch betonte sie, wie die EU biete auch die Bundesregierung ihre Hilfe an.
Myanmars Innenminister Kyaw Swe wiederholte angesichts der aktuellen Situation im Westen des Landes die offizielle Regierungslinie, dass es keine Rohingya gebe.
Weite Teile der buddhistischen Mehrheit in Myanmar betrachten sie als illegale, staatenlose Einwanderer aus Bangladesch, obwohl viele der Rohingya schon seit Generationen in Myanmar leben. Die in bitterer Armut lebenden Muslime gelten als eine der am meisten verfolgten Minderheiten der Welt. (AFP)
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