Impfanreize, ja bitte!: 50 Euro und Freibier für jeden Piks
Im Sinne des Gemeinwohls sollten wir alle Register ziehen, damit sich möglichst viele Menschen impfen lassen. Ein Kommentar.
Zunächst die blanken Fakten. Also, zurzeit sind gerade 40 Prozent der Bevölkerung zweimal, sprich vollständig, gegen das Corona-Virus geimpft. Das ist zu wenig und noch weit hin zu den 85 Prozent der zwölf- bis 60-Jährigen, damit wir hier in Deutschland die sogenannte Herdenimmunität erreichen.
Abgesehen von denen, die sich nicht impfen lassen können, weil sie krank sind oder zu jung, und von den harten Impfgegnern – um die 85 Prozent zu schaffen, müssten alle Unentschlossenen zu Entschlossenen mutieren. Wie soll das gehen, wie kann das gehen?
Wahrscheinlich durch einen Mix an Maßnahmen. Nehmen wir Friedland in Mecklenburg als Beispiel. Da hatte der Bürgermeister zum EM-Spiel Deutschland gegen England eingeladen, und während des Fußballschauens konnte man sich impfen lassen. So geht das. Plus Freibier für Geimpfte.
Solche Beispiele gibt es einige. Amerikanische Firmen belohnen Mitarbeiter fürs Impfen mit Geld, Freibier, Donuts, sogar Gratis-Joints. Andere Länder veranstalten Lotterien mit tollen Preisen. Viele lassen sich da was einfallen, und es ist ja auch im Sinn der guten Sache – im Sinne des Gemeinwohls.
Der Herbst kommt schnell, die Gesellschaft muss sich wappnen
Denn darum geht es doch im Wesentlichen: um uns alle. Bevor die nächsten Corona-Varianten, wie sie auch immer alle heißen werden, die Gesellschaft aufs Neue in den Griff nehmen, muss die sich wappnen. Es hilft doch nichts, der Herbst kommt schnell, und mit ihm könnten wieder höhere Infektionszahlen einhergehen. Aber können wir im Ernst den nächsten Lockdown wollen? Oder aushalten?
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Der Irrglaube grassiert, dass man ohne Impfung die Pandemie überstehen kann. Kann man, aber nicht locker. Es ist eine Pandemie! Nur weil der Feind unsichtbar ist, heißt das nicht, dass es ihn nicht gibt. Ja, die Formularschlacht, Bürokratie, klassisch deutsch, ist ein Ärgernis, ein Hemmnis. Aber es wird besser, von Tag zu Tag, die Behörden arbeiten dran, werden aktiv. Und es kann noch besser werden.
Die Humboldt-Universität hat vor Kurzem, im Mai, abgefragt, was Unentschlossene umstimmen könnte. Und das ist es: Rückgabe von Freiheiten für Geimpfte, Impfen beim Hausarzt und finanzielle Anreize. Zusammen würde das die Impfquote um 13 Prozent erhöhen. Nicht schlecht, oder?
Ein Angebot schaffen, bei dem man nicht nein sagen kann
Wer ohne Test ins Restaurant und ins Kino kann, genießt das. Man sieht es jeden Tag in der Stadt. Dieses Gefühl von Freiheit möglichst vielen zu verschaffen, erfordert ein Angebot, bei dem man schwer Nein sagen kann.
Daheim in der Straße, der Apotheke, vorm Supermarkt, in Einkaufszentren oder Fußgängerzonen, vor Bars und Clubs, vorm Konzerthaus, beim Fußballspiel wie in Friedland, beim (freien) Besuch in Zoo und Tierpark, wie es die Grüne Antje Kapek für Berlin vorschlägt – überall müsste und könnte geimpft werden, ohne Termin und ohne (viel) Bürokratie.
Impfteams müssten unterwegs sein zu den Menschen, auf sie zugehen, nicht auf sie warten. Und wo er doch jetzt da ist, der Impfstoff, viel zu viel sogar, so dass wir Tranchen an andere Länder abgeben können, müsste es so gehen: Alle werden eingespannt. Soldaten, Apotheker, Zahnärzte, Sanitäter, Arzthelfer, Tierärzte und Studierende der Medizin…
Was die anderen, die finanziellen Anreize angeht: Das sollte jede Stadt, jede Gemeinde, der Bezirk flexibel entscheiden können. Die kennen ihre Soziodemographie am besten, wissen, was ankommt, ob 50 Euro oder ein Gutschein oder freie Theater-, Konzert-, Festival-Karten, was auch immer – Hauptsache, es wirkt. Nachhaltig.
Und im Übrigen: Bei sehr vielen werden die guten Argumente ziehen. Darum noch ein Wort zum Wert der Impfung: Sie ist eine kulturhistorische, gesellschaftliche Errungenschaft, kein Sanktuarium, sondern eine Chance. Das Gemeinwohl zu wahren, ist eine hehre Angelegenheit – aber auch eine der Gelegenheit. Wie die, sich mal eben, gewissermaßen im Vorbeigehen, impfen lassen zu können.
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