Bundesamt für Migration: 2000 neue Stellen für raschere Asyl-Entscheidungen
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll bis zu 2000 neue Stellen bekommen, um rascher für Asylanträge entscheiden zu können. Das gab Innenminister Thomas de Maizière nach dem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt bekannt.
Als Reaktion auf die steigenden Flüchtlingszahlen soll die Zahl der Mitarbeiter im zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ungefähr verdoppelt werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach am Freitag nach dem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt von bis zu 2000 zusätzlichen Stellen, davon 750 in diesem Jahr. Die Bundesbehörde hat nach eigenen Angaben derzeit rund 2200 Mitarbeiter.
Ziel ist es nach Angaben von de Maizière, die Asylverfahren zu beschleunigen und auch über die rund 200.000 Altfälle schneller zu entscheiden. Zusätzliche Stellen soll es noch im laufenden Jahr demnach auch bei Bundespolizei und Auswärtigem Amt geben.
Im Streit zwischen Bund und Länder über die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen gab es bei dem Spitzengespräch noch nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte ein "neues Maßnahmenpaket" an, das auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 18. Juni in Berlin verabschiedet werden solle. Der Flüchtlingsgipfel sei dafür ein "Vorbereitungsgespräch" gewesen. Merkel sprach von einer "ganzen Reihe von Aufgaben", ohne auf Details einzugehen.
Die wachsende Zahl der Bootsflüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa wollen, spielte auf dem Gipfel zwar eine Rolle. Beschlüsse dazu wurden aber nicht gefasst. Gleiches gilt für die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien. De Maizière verwies darauf, dass er - wie von Deutschland gewünscht - eine europäische Lösung erwarte. Die EU-Kommission wolle kommende Woche einen Vorschlag zur Verteilung der Flüchtlinge unterbreiten. Merkel sprach von einem "gewichteten quotierten System", bei dem etwa die Wirtschaftskraft und Arbeitslosigkeiten in den Mitgliedsstaaten eine Rolle spielen solle. Es zu erarbeiteten, werde ein "ganz hartes Stück Arbeit". Die Bereitschaft zur Beteiligung sei in einzelnen Ländern wie Griechenland, Schweden, Italien, Frankreich und auch Deutschland vorhanden, andere Länder würden dagegen auf freiwillige Lösungen setzen.
An den Gesprächen im Kanzleramt hatten neben de Maizière und Merkel auch SPD-Chef Sigmar Gabriel und mehrere Ministerpräsidenten teilgenommen. Länder und Kommunen fühlen sich mit der Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge überfordert, sie verlangen mehr Geld vom Bund. Am Donnerstag hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass es für dieses Jahr mit mehr als 400.000 Asylanträgen rechne, doppelt so vielen wie im vergangenen Jahr. Der Präsident des BAMF, Manfred Schmidt, sagte dem Tagesspiegel, er gehe nicht davon aus, dass die steigende Zahl von Flüchtlingen die Willkommenskultur in Deutschland gefährde. Sie hänge "nicht unbedingt an der Höhe der Zahl" der Asylsuchenden. "Da ist unsere Gesellschaft weiter als Anfang der 90er Jahre."
Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime bleibt hoch
Der "Stern" berichtete unter Bezug auf Angaben der Bundesregierung von zahlreichen Angriffen auf Flüchtlingsheime in diesem Jahr. In insgesamt 71 Fällen seien von Januar bis März Unterkünfte für Asylbewerber zum Angriffsziel für politisch motivierte Straftäter geworden - ähnlich häufig wie in den Vormonaten. In 54 Fällen davon geht die Polizei von rechtsgerichtet motivierten Tätern aus. wie es in der Antwort auf die von der Linksfraktion gestellte Anfrage weiter heißt. Die Delikte reichen von Sachbeschädigung bis zu schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung. Die tatsächliche Zahl wird sich durch Nachmeldungen erfahrungsgemäß noch weiter erhöhen. Die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke sagte dem Magazin: "Deutlich wird, dass die rechtsextreme Szene hier trotz der derzeitigen organisatorischen Schwäche der NPD über eine bedrohliche Mobilisierungsfähigkeit verfügt."
Sachsens Innenminister: Bund soll Kosten am dem vierten Monat übernehmen
Der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte dem Tagesspiegel mit Blick auf die Diskussionen um die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen: "Wir brauchen clevere Anreizmechanismen. Der Bund hat sich verpflichtet, die Asylverfahren in drei Monaten zu entscheiden. Da liegt es nahe, dass der Bund die Kosten ab dem vierten Monat übernimmt." Demnach soll der Bund soll die Kosten übernehmen, wenn das Asylverfahren nach drei Monaten noch nicht entschieden ist. Die Länder sollen wieder für die Kosten aufkommen, wenn eine Entscheidung getroffen ist, damit bei der lokalen Ausländerbehörde wieder ein Anreiz für Abschiebung und Integration besteht. "Die steigenden Asylzahlen erfordern eine Kraftanstrengung der ganzen Gesellschaft.", erklärte er.
Bundeswehr rettet erstmals Flüchtlinge im Mittelmeer
Im Rahmen ihres erst wenige Tage alten Einsatzes zur Flüchtlingsrettung im Mittelmeer kam die Bundeswehr am Freitag einem Boot mit 200 Menschen an Bord zu Hilfe. Die deutsche Fregatte "Hessen" habe rund 250 Kilometer südlich der italienischen Insel Lampedusa mit der Evakuierung des Holzbootes begonnen, teilte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums mit. Die Menschen sollten anschließend nach Italien gebracht werden. Die im Mittelmeer kreuzende "Hessen" sowie der Versorger "Berlin" waren am Morgen von den italienischen Behörden alarmiert worden. Die Flüchtlinge sollen in Absprache mit der italienischen Seenotrettung in einen italienischen Hafen gebracht werden.
Asylsuchende unter Deck eingesperrt?
In den vergangenen Wochen waren immer wieder Boote mit Flüchtlingen - oft in Libyen gestartet - im Mittelmeer gekentert. Der Staatsanwalt in Catania auf Sizilien, Giovanni Salvi, berichtete am am Freitag, dass drei Wochen nach dem Kentern eines Flüchtlingsschiffes im Mittelmeer mit etwa 800 Menschen viele Leichen in einem Schiffswrack entdeckt worden seien. "Wir können bestätigen, dass die Zahl der Opfer bei 700 bis 800 liegen könnte", sagte Salvi. Auf dem gesunkenen Schiff, das die italienische Marine am Vortag lokalisiert hatte, seien "viele Körper" entdeckt worden. Es werde nun überlegt, das Wrack zu bergen. Dabei soll auch geprüft werden, ob Flüchtlinge unter Deck eingesperrt waren. Das Flüchtlingsunglück am 18. April war das wohl schlimmste bisher im Mittelmeer. (mit AFP/dpa)