Überfall auf Provinzhauptstadt: 130 Tote nach Kämpfen um ostafghanische Stadt Ghasni
Seit drei Tagen kämpfen radikalislamische Taliban und afghanische Sicherheitskräfte um die Kontrolle über eine strategisch wichtige Provinzhauptstadt im Osten Afghanistans. Dabei wurden 130 Menschen getötet.
Bei den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Taliban-Kämpfern in der ostafghanischen Stadt Ghasni sind mindestens hundert Sicherheitskräfte getötet worden. Das gab der afghanische Verteidigungsminister Tariq Shah Bahrami am Montag in Kabul bekannt. Auch 20 bis 30 Zivilisten hätten ihr Leben verloren. Zeitgleich seien 50 Soldaten der Kommando-Einheiten, die vor zwei Tagen verschwunden seien, wiedergefunden worden. Sie seien wohlauf.
Die islamistischen Taliban hatten am Donnerstagabend einen großangelegten Angriff auf die Stadt Ghasni in der gleichnamigen Provinz im Südosten des Landes gestartet, die am Montag andauern. Am Samstag hatten die afghanische Regierung und Vertreter der USA erklärt, die Stadt befinde sich unter Kontrolle der Regierungstruppen. Am Sonntag hieß es dann von den Behörden, die Lage sei "chaotisch". Ein AFP-Reporter vor Ort berichtete von Taliban-Kämpfern, die durch die Stadt streiften, Regierungsgebäude anzündeten und Kontrollstellen der Polizei unter ihre Kontrolle gebracht hätten.
Die Angaben zur Lage in Ghasni sind nur schwer zu überprüfen, weil dort weder das Strom- noch das Mobilfunknetz funktionierten. Die Taliban zerstörten einen Fernmeldeturm und griffen die Büros mehrerer Medien an.
Der Angriff auf Ghasni ist eine der spektakulärsten Aktionen der Taliban in letzter Zeit. Im Mai gelangten die Islamisten für kurze Zeit die Kontrolle über die Stadt Farah. 2015 und 2016 hatten sie die nordafghanische Stadt Kundus für einige Tage eingenommen. Mit dem erneuten Vorstoß zeigten sich die Taliban in der Lage sind, die Hauptstadt von den wichtigen Südprovinzen abzuschneiden.
Zudem werden die Hoffnungen auf eine neue Waffenruhe in Afghanistan geringer. Die Regierung in Kabul verhandelt derzeit mit den Taliban über eine neue Kampfespause zu den anstehenden Feiertagen. Präsident Aschraf Ghani hatte erklärte, eine Waffenruhe zum islamischen Eid-al-Adha-Fest sei „wichtig“. Eid-al-Adha findet in diesem Jahr voraussichtlich zwischen dem 21. und 25. August statt. Das Opferfest ist einer der wichtigsten Feiertage in der islamischen Welt.
Im Juni hatte eine kurze Waffenruhe die Hoffnungen auf Frieden am Hindukusch beflügelt. Überraschend hatten die Taliban damals einer dreitägigen Kampfespause zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan zugestimmt. Im ganzen Land kam es zu Verbrüderungsszenen zwischen Taliban-Kämpfer und Soldaten, die sich umarmten und miteinander das Ende der Fastenzeit feierten. Es war das erste Mal seit Beginn des Konfliktes 2001, das die Taliban in einen befristeten Friedenschluss eingewilligt hatten. (AFP)