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Es ist richtig, das parasitäre Geschäftsmodell der zyprischen Banken zu beenden. Aber es wäre falsch, die Zyprer mit den Folgen alleine zu lassen.
© Reuters

EU und die Bankenkrise: Zypern muss jetzt richtig geholfen werden

So richtig es ist, das parasitäre Geschäftsmodell der zyprischen Banken zu beenden, so falsch wäre es, die Zyprer nun mit den Folgen alleine zu lassen. Denn Europas Mächtige sind nicht ganz unschuldig.

Zumindest eine Disziplin beherrschen die Regierenden der Euro- Zone perfekt: die spannende Inszenierung. Sieben Monate ließen sie tatenlos verstreichen, nachdem Zyperns Regierung Notkredite zur Rettung ihrer überschuldeten Banken beantragt hatte. Dann beschlossen sie ein Programm, das es der reichen Elite des Landes und ihren Geldgebern aus aller Welt freistellte, ihr Vermögen auf Kosten der kleinen Leute zu schützen. Und erst als das nicht durchsetzbar war, erzwangen sie im letztmöglichen Moment, was doch von vorneherein zwingend geboten war: Das Steuerfluchtzentrum Zypern wird geschlossen.

Das ist die gute Nachricht. Und anders als von Zyperns Regierung ursprünglich geplant und vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble samt seinen Euro- Kollegen geduldet, werden die einfachen Leute, also die große Mehrheit der rund 800 000 Bürger der Republik Zypern, nicht mit den Einlagen auf ihren Konten dafür bezahlen müssen, was ihre Regierung und deren Banker angerichtet haben. Spät, aber nicht zu spät, schafft dies für alle Kleinsparer in den Krisenstaaten Europas die Sicherheit, dass die EU-weite gesetzliche Garantie für Einlagen bis zu 100 000 Euro tatsächlich gilt.

All jene aber, die in Zypern ihr Vermögen vor dem heimischen Fiskus versteckt und mehr als diese Summe unsoliden Banken geliehen haben, müssen nun für ihre Fehlinvestitionen haften. Sie verlieren einen erheblichen Teil ihres Geldes – und das zu Recht. Die vielfach betriebene Stilisierung der Großanleger bei Zyperns Banken als arme Sparer, denen übel mitgespielt werde, ist lächerlich. Wer meint, seine Kapitalerträge steuerfrei und anonym über Briefkastenfirmen einstreichen zu können, hat kein Anrecht auf europäische Solidarität. Das betrifft auch keineswegs nur reiche Russen oder Steuerbetrüger aus Großbritannien oder Deutschland, sondern auch zigtausende Griechen, die ihr Geld in Zypern bunkerten, anstatt ihrem eigenen Land zu helfen.

Doch so richtig es ist, das parasitäre Geschäftsmodell der zyprischen Banken zu beenden, so falsch wäre es, die Zyprer nun mit den Folgen alleine zu lassen. Schließlich haben Europas Mächtige es ausdrücklich geduldet, dass sich dort eine Art Cayman Islands für Europas Reiche innerhalb der Euro-Zone etablierte.

Mit dem Wegfall der Erträge aus dem aufgeblähten Finanzsektor wird die Wirtschaft der Insel aber nun um mindestens ein Viertel schrumpfen und viele tausend Zyprer werden ihre Arbeit verlieren. Zudem wird Zypern in Kürze mit dem gewährten Überbrückungskredit von zehn Milliarden Euro das höchst verschuldete Land der Euro-Zone sein. In dieser Lage ist es unverantwortlich, dem Inselstaat nur ein Sparprogramm zu verordnen, das die Bevölkerung der Verelendung und erzwungenen Auswanderung preisgibt.

In Zypern lassen die Regierungen von Euro-Land erstmals die vermögenden Fehlinvestoren insolventer Banken haften und zeigen so, dass sie doch fähig sind, eine als falsch erkannte Politik zu ändern. Jetzt, da die Rezession hunderttausende Unschuldige treffen wird, sollten sie am gleichen Fall demonstrieren, dass sie auch die längst gescheiterte Strategie der eskalierenden Budgetkürzung korrigieren können. Statt wie bisher durch Sparen alles noch schlimmer zu machen, sollten sie Zypern jetzt helfen, eine neue wirtschaftliche Basis zu finden und in den Aufbau neuer Industrien und Dienstleister auf der Insel investieren. Wegen der geringen Größe des Landes wäre das Risiko gering. Mit den vermuteten Gasreserven vor der Küste sind die Chancen umso größer.

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