Sebastian Edathy muss vor Gericht: „Wenn’s der öffentlichen Hinrichtung dient“
Ein Minister trat zurück, ein Untersuchungsausschuss tagt, ein Gesetz wird gemacht - ansonsten ist es still geworden um den früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy. Sein Facebook-Lamento über mediale Hetze ist daneben, aber in einem Punkt hat der Angeklagte wohl Recht. Ein Kommentar.
Viel erwarten sollte man nicht, wenn Sebastian Edathy im Dezember als Zeuge im gleichnamigen Untersuchungsausschuss geladen ist. Seit Dienstag ist klar, dass im Februar vor dem Landgericht Verden sein Prozess beginnen wird. Der frühere SPD-Abgeordnete ist damit förmlich ein Angeklagter, was die Wahrscheinlichkeit, dass er schweigen wird, beträchtlich erhöht. Es ist insgesamt ruhiger geworden um den ehemaligen Innenexperten seiner Partei, der als beharrlicher Anti-Nazi-Aufklärer und Verfassungsschutz-Kritiker in der NSU-Affäre zu Ehren kam.
Ab und zu meldet er sich bei Facebook, um sich über die „mediale Hetzjagd“ zu beschweren, als deren Opfer er sich sieht. Aus seinem eigenen Skandal einen der Ermittlungsbehörden zu machen, wie es etwa Christian Wulff geglückt ist, gelang ihm bisher nicht.
Das Bundeskriminalamt hatte damals dem Innenministerium die Kinderporno-Ermittlungen gegen Edathy gesteckt; die Info schwappte zu den SPD-Mächtigen, die den Hoffnungsvollen unverzüglich kaltstellten. Wie es scheint, ist die Sache mit einem Ministerrücktritt und der parlamentarischen Untersuchung ausgestanden.
Für die Politik, nicht für Edathy. Laut Anklage hat er sich von seinem Dienst-Laptop kinderpornografische Bilder und Videos heruntergeladen. Den bei Durchsuchungen gefundenen Bildband „Boys in der Freizeit“ sowie eine CD „Movie“ stuften die Ankläger als strafbare Jugendpornografie ein. Keine Schwerverbrechen, dennoch muss Edathy vor das Landgericht. Öffentliches Interesse, argumentieren die Richter. Wie im Fall Wulff.
Ins Visier internationaler Fahnder geriet Edathy, weil er Filme bestellt hatte, die nach deutschem Recht straflos, aber anstößig sind. Produktionen, die nackte Jungen beim Spielen und Baden zeigen. Kunstgenuss, findet Edathy. Sein Parteikollege Heiko Maas reagierte anders und ließ eine neue Strafvorschrift erfinden. Der Justizminister meinte, damit auch andere kompromittierende Bilder-Unsitten abstellen zu können, etwa in sozialen Netzwerken.
Nach viel Kritik hat er dem Bundestag den Entwurf nun in abgeschwächter Form präsentiert, wieder stärker auf den Anlassfall – Edathy – zugeschnitten. Gewiss kein falscher Schritt, wenngleich fraglich bleibt, ob das Ganze überhaupt nötig ist. Sexualisierte Darstellungen von Kindern sind ohnehin in jeder Weise strafbar. Und Moral allein, das muss man Edathy zugeben, kann noch keine Strafe begründen.
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