Verbotsverfahren: Von der NPD geht keine Gefahr für die Demokratie aus
Die Bundesländer haben sich entschlossen. Sie wollen die NPD verbieten lassen. Doch droht mit 13 Abgeordneten in zwei Landtagen und knapp 6000 Mitgliedern eine bundesweite Beeinträchtigung der Demokratie, gar die Gefahr ihrer Abschaffung? Wer das behauptet, sieht Gespenster.
Nun haben sie es getan. 15 Länder stimmten am Freitag im Bundesrat dem Antrag zu, ein Verfahren zum Verbot der NPD einzuleiten. Nur Hessen hält sich abseits. Bundesregierung und Bundestag legen sich noch nicht fest, doch es ist fraglich, ob sie dem Druck widerstehen können, den die Befürworter in den Ländern und in den Parteien ausüben. So oder so beginnt jetzt die nächste Phase eines populären, man kann auch sagen populistischen Abenteuers.
Die Substanz der Argumente für ein Verbot ist so vage wie beim Scheitern des Verfahrens 2003 und wie in der auch schon hitzigen Debatte Ende der 60er Jahre. Viel gut gemeinter Antifaschismus, weniger kühle juristische und politische Analyse. Ein souveräner Umgang mit Extremismus?
Man könnte auch fragen, ob eine gefestigte, seit mehr als 60 Jahren gut funktionierende Demokratie ein Parteiverbot überhaupt nötig hat. Ist sich die Bundesrepublik ihrer selbst nicht sicher genug, um das Geschrei einer in jeder Hinsicht beschränkten Nazi-Partei auszuhalten? Fast 50 Jahre gibt es die NPD, aber will jemand ernsthaft behaupten, sie hätte jemals die demokratische Grundordnung infrage stellen können? Selbst in ihren besten Zeiten, um 1969, mit 61 Abgeordneten in sieben Landtagen und 30 000 Parteimitgliedern, war die NPD nicht mehr als ein Ärgernis.
Und heute? Mit 13 Abgeordneten in zwei Landtagen und knapp 6000 Mitgliedern? Da droht eine bundesweite Beeinträchtigung der Demokratie, gar die Gefahr ihrer Abschaffung? Wer das behauptet, sieht Gespenster. Und ignoriert die Risiken der Übertreibung.
Ein Verbot wäre nicht nur ein radikaler Einschnitt in die Grundrechte der NPD-Mitglieder, sondern auch in die ihrer Wähler. Bei der Bundestagswahl 2009 haben 653 000 Personen ihr Kreuz bei der NPD gemacht. Ihnen würde durch ein Parteiverbot nachträglich die Stimme weggenommen und signalisiert: Ihr habt falsch gewählt, das duldet der Rechtsstaat nicht. Nun werden manche Befürworter sagen: selbst schuld, wer für Nazis stimmt. Und einige werden lästern, es träfe ja vor allem doofe Ossis aus der Provinz.
Ein solcher Versuch, Wähler zu braven, lupenrein demokratischen Stimmbürgern zu erziehen, wäre bestenfalls makaber. Dass es nicht funktionieren kann, lässt sich gerade am Beispiel NPD ablesen. Als Nachfolgeorganisation der 1952 verbotenen Sozialistischen Reichspartei bediente sie das weiterhin vorhandene Potenzial ultrarechter Wähler. So wie es die DKP bei den Anhängern der 1956 unnötig verbotenen, kleinen KPD tat. Verschwände nun die NPD, würden andere Ultrarechte die Lücke füllen. Islamfeinde, die Neonazis der Partei „Die Rechte“. Alle verbieten?
Der Rechtsstaat kann die NPD auch ohne Abenteuer kleinkriegen. Würde die Strafe in Höhe von 1,27 Millionen Euro, die das Bundesverwaltungsgericht jetzt gegen die Partei wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts verhängt hat, zügig vollstreckt, wäre die NPD pleite. Es wäre ihr zu gönnen. Aber nicht die „Ehre“ eines eindrucksvollen Verbotsverfahrens.
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