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Ins Schwarze getroffen. Til Schweigers Debüt war offenbar ganz nach dem Geschmack der Zuschauer.
© dpa

Kolumne "Ich habe verstanden": Til Schweiger hält sich an die Regeln

Die wichtigste Regel beim Filmemachen lautet: "Du sollst dich nicht langweilen." Matthias Kalle meint, dem neuen Tatort mit Til Schweiger sei das gelungen - was man von dem Sat1-Film "Der Minister" nicht gerade behaupten kann.

Ich scheine ja der einzige Gebührenzahler zu sein, der sich bis jetzt noch nicht zu dem „Tatort“ mit Til Schweiger geäußert hat. Ich werde zunächst die Gründe dafür erläutern und dann ein Urteil kundtun, um danach überzuleiten zu dem Sat-1-Film „Der Minister“ und zu Veronica Ferres. Nur damit Sie im Groben schon mal wissen, was Sie in den nächsten sieben Minuten erwartet.

Ich bekomme von denen vom Fernsehen nie etwas „vorab“ geschickt. Keinen „Tatort“, kein „Wetten, dass...?“ – ich muss mir alles wie jeder andere Zuschauer anschauen, dabei bin ich doch ein bekannter Fernsehkritiker, die vom Fernsehen kennen mich, sprechen Sie doch mal bei Gelegenheit Frank Plasberg auf mich an. Als Fernsehkritiker interessiert mich ausschließlich das fertige Produkt, alles was im Vorfeld passiert (Interviews, PR) ignoriere ich, und wenn Til Schweiger meint, er müsse sich vorher äußern, dann ignoriere ich das gleich doppelt. Was ich allerdings nicht ignoriere, sind die Kritiken und Kommentare danach – also all das, was man seit Sonntagabend, 20 Uhr 16, so lesen konnte über diesen „Tatort“.

Die meisten haben anscheinend diesen „Tatort“ nicht gemocht. Das lag – wenn ich es richtig verstanden haben – zum einen an Til Schweiger. Zum anderen lag es – auch das kam immer wieder vor – daran, dass man diesen „Tatort“ für „unrealistisch“ hielt. Während ich ja jeden, der Probleme mit Til Schweiger hat, verstehen kann, verstehe ich niemanden, der diesem „Tatort“ vorwirft, „unrealistisch“ gewesen zu sein. Denn das würde ja bedeuten, dass es sich bei anderen „Tatort“-Folgen um korrekte Wiedergaben der Wirklichkeit handeln müsste – und nichts halte ich für unrealistischer als diese Sichtweise.

Vor einem Jahr hat die Kriminalreporterin Sabine Rückert für das ZEITmagazin „Tatort“-Folgen geschaut und hätte beim gucken fast den Verstand verloren: „Massives polizeiliches Fehlverhalten zieht sich durch die „Tatort“-Folgen wie eine Schmutzspur. (...) Offenbar haben nur wenige Drehbuchschreiber Ahnung von der Todesermittlung.“ Wohlgemerkt: Damals war von Til Schweiger als „Tatort“-Kommissar noch nicht einmal die Rede, Rückert schaute Folgen mit Lena Odenthal, Simone Thomalla, Maximilian Brückner, Eva Mattes – die also stellvertretend für den Anspruch stehen, dass der „Tatort“  vom deutschen Alltag inspiriert sei und ein „Seismograf deutscher Befindlichkeiten“ sein müsse.

Ist aber nicht gerade dieser Anspruch genau das, was den „Tatort“ oftmals so unerträglich macht? Der Schweiger-Tatort jedenfalls scheint einen anderen Anspruch gehabt zu haben und er war dann am Ende auch nicht mehr und nicht weniger als ein guter, solider Action-Film mit teilweise sehr gelungenen Dialogen – und das kann man von „Der Minister“ nun wirklich nicht behaupten.

Denn das, was Sat 1 da am Dienstagabend mit viel Vorfeldtamtam zeigte, war: Gar nichts. Null. Das absolute Nichts. Weder Komödie (zu unlustig), noch Gesellschaftskritik (zu wenig Gesellschaft, noch weniger Kritik). Es war eher der Beweis dafür, dass die Wirklichkeit meistens eben doch viel irrer sein kann.

Das bewies am Mittwoch auch Veronica Ferres, die in einem Interview erzählte, sie hätte gerne im Berlin der 20er Jahre gelebt (gähn!) und Billy Wilder geheiratet (was?). Zur Einordnung: Ferres ist mit Carsten Maschmeyer verlobt und hat in Filmen mitgespielt wie „Das Geheimnis der Wale“ und „Die Frau vom Checkpoint Charlie“; Billy Wilder war schon von Marilyn Monroe genervt und hat Filme gedreht wie „Manche mögen’s heiß“ und „Das Appartement“. Von ihm stammen auch die „drei wichtigsten Regeln beim Filmemachen“, die eigentlich auch für das Leben an sich gelten sollten: „Du sollst nicht langweilen, du sollst nicht langweilen und du sollst nicht langweilen!“

Man kann Til Schweiger viel vorwerfen. Aber diese Regeln hält er ein.

Matthias Kalle

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