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Haftungsregeln für Pleitebanken: Politik muss Stärke und Strenge zeigen

Die EU-Finanzminister haben sich auf Haftungsregeln für Pleitebanken geeinigt - es sind Regeln, die wir dringend gebraucht haben. Dennoch haben Banken wie Politiker noch nicht alle nötigen Lehren aus der Krise gezogen.

Das Lachen von John Bowe geht in diesen Tagen um die Welt. Am Telefon hatte sich der Topmanager der Anglo Irish Bank auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 über die Milliardenrettung seines Instituts lustig gemacht. Die irische Bank hatte damals verkündet, sie brauche sieben Milliarden Euro. In dem Telefonat, dessen Mitschnitt jetzt aufgetaucht ist, sagte Bowe, er habe die Summe frei erfunden – sich die Zahl „aus dem Arsch gezogen“ (Originalaufnahme hier). In Wahrheit kostete die Pleitebank die irischen Steuerzahler 30 Milliarden Euro.

Wer sich den Mitschnitt heute anhört, kann nur den Kopf schütteln. Wie konnten die Banken uns so lange an der Nase herumführen? Von der Öffentlichkeit unbeobachtet machten sie perfide Geschäfte und versteckten die Risiken in Finanzpapieren, die weder wir noch sie verstanden haben. 150 Milliarden Euro mussten die Europäer deshalb in das Finanzsystem pumpen, damit es nicht kollabiert.

Einmal und nie wieder, sagen die EU-Finanzminister heute. Deshalb haben sie sich jetzt auf strengere Haftungsregeln für systemrelevante Banken verständigt. Sie haben damit Klarheit darüber geschaffen, wer im Ernstfall für das Fehlverhalten der Banken haftet: Nämlich zunächst alle, die mit ihr Geschäfte machen – erst danach der Steuerzahler.

Dass wir Regeln wie diese brauchen, zeigt das Beispiel Zypern. In dem Land ist in diesem Jahr zum ersten Mal das Geld der Gläubiger für die Bankenrettung herangezogen worden. Und sofort gab es Streit über die Frage, wer alles zahlen muss: Etwa auch der Verbraucher, der bei dem Institut sein mühsam Erspartes anlegt? Als es hieß, ja, auch die Kleinsparer sollten voll zahlen, ging eine Welle der Empörung um die Welt. Jetzt wissen wir: Bis 100 000 Euro ist das Ersparte sicher. Nur die, die mehr haben, müssen zittern. Der Beschluss der EU-Finanzminister ist richtig, weil er Klarheit schafft – jeder weiß jetzt, was auf ihn zukommt, wenn seine Bank pleitegeht. Richtig ist deshalb auch, dass die Minister nicht dem Drängen der Franzosen auf nationale Spielräume nachgegeben haben. Das hätte die klaren Regeln verwässert.

Die Banken sollten der Politik dankbar sein für dieses Mehr an Regulierung. Die neuen Regeln, die jetzt nach und nach Form annehmen, geben uns Verbrauchern tatsächlich ein Mehr an Sicherheit. Sie können den Instituten auch helfen, ihr Zocker-Image abzuschütteln. Wenn in Zukunft ihre Geldgeber und Kunden mithaften, werden sie es sich zweimal überlegen, Roulette zu spielen.

Ist jetzt alles wieder gut? An dem Punkt sind wir lange nicht. Von dem „Kulturwandel“, den die Deutsche Bank angeblich anstrebt, sind wir weit entfernt. Dafür gibt es zu viele offene Fragen. Zum Beispiel die, ob die Politik hart bleibt und Großinstitute zwingt, ihr Einlagengeschäft vom spekulativen Investmentbanking abzutrennen. Nur wenn dieses Trennbankensystem Wirklichkeit wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Kleinsparer in Zukunft nicht doch wieder für die Fehler der Banker büßen müssen. Offen ist auch, wie die Banken auf die neuen Bonusregeln für ihre Topmanager reagieren. Sie müssen jetzt die Chance zur Besserung nutzen und dürfen nicht durch die Hintertür die Regeln umgehen, indem sie einfach die Festgehälter erhöhen.

Die Politik muss jetzt Stärke und Strenge zeigen. Im Jahr fünf der Krise brauchen wir strikte Regeln, innerhalb derer sich die gesunden Banken profilieren können. Sonst stehen wir bald vor der nächsten Finanzkrise – und die könnte noch schlimmer werden.

Carla Neuhaus

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