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Piratenchef Bernd Schlömer.
© dpa

Bernd Schlömer: „Man wird härter im Nehmen“

Er ist umgänglich, nahbar und schlicht grundsympathisch. Und doch steht er bei den Piraten unter Druck, was er wohl auch am Wochenende in Bochum zu spüren bekommt. Das hat ihn verändert. Ein Porträt.

Der Schal ist sein Markenzeichen. Den hat er fast immer um, egal ob im Sommer ein leichtes Tuch oder im Winter etwas Handfesteres. Er ist dann nicht umständlich gewickelt, sondern doppelt gelegt und durch die Schlaufe gezogen. Fertig. Es ist, als schütze der Schal Bernd Schlömer, den Chef der Piraten, nicht nur vor der kalten Witterung, sondern auch vor der rauen Piratenluft.

Schlömer ist seit April im Amt. Seitdem hat er keine Metamorphose durchgemacht. Er ist immer noch derselbe umgängliche, nahbare und schlicht grundsympathische Mensch, der er auch davor war. Und doch ist etwas mit ihm passiert. Er weiß es selbst. Im Interview mit dem Tagesspiegel Ende Oktober sagte er: „Man wird härter im Nehmen.“ Als Führungskraft einer Partei werde man auch von ihren Mitgliedern geformt. „Dagegen kann man sich nicht wehren.“

Und die Mitglieder haben versucht, ihn ordentlich zu modellieren, ihn zu biegen und zu kneten. Er solle mehr Präsenz zeigen, auch im Fernsehen. Als „Arschloch“ und „Versager“ wurde er beschimpft. Den Politischen Geschäftsführer Johannes Ponader, so forderten die Mitglieder, solle er in die Schranken weisen. Jenen Piraten, der eine Art Antipode zu ihm ist: schrill, exzentrisch und streitbar. Gleichzeitig soll er sich zurückhalten, keine inhaltlichen Vorgaben machen, nicht maßregeln. Der Bundesvorstand wird von vielen Piraten nur als ein Team von Moderatoren betrachtet. Und das wissen die Mitglieder dieses Gremiums auch. Und trotzdem. In der Praxis halten nicht alle den Spagat zwischen den paradoxen Anforderungen aus.

Schlömer aber haben sie nicht so weit treiben können. „Ich gehe nicht, da bin ich widerborstig“, sagte er. Ihm wohnt eine gewisse Ruhe inne. Und viel Rationalität. Zur unüberlegten Übersprungshandlung neigt Schlömer, der ausgebildeter Kriminalist ist, nicht. Zwar hat auch er Ponader einmal öffentlich ermahnt, mehr aber nicht. Keine Beleidigung, keine Rücktrittsaufforderung, sondern ein klärendes Gespräch folgten.

Wie weit ihn das noch trägt, bleibt abzuwarten. Die Stimmung an der Basis ist aufgeheizt und der Burgfrieden wackelig. Auch hat er sich vorgewagt und eine Themenoffensive angekündigt, von der noch nicht viel zu spüren ist. Dieser Themen-Parteitag könnte ein Anfang für ihn und seine Partei werden. Seinen Schal sollte er ausgerechnet diesmal nicht vergessen. Denn es droht, zugig zu werden, in der Halle.

Christian Tretbar

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