Streit in der Regierung: Für die Koalition wurde zu kurz verhandelt
Die Koalition startet mit Streit ins neue Jahr. Vor allem SPD und CSU wollen der Regierung den Stempel aufdrücken - denn sie fürchten, dass sie in der großen Mehrheit untergehen.
Damit immerhin hat Regierungssprecher Steffen Seibert recht: Vorfreude lässt sich nicht beschließen. Die hat man, die fühlt man – oder eben nicht. Er jedenfalls will diese Vorfreude auf das nun begonnene Jahr bei der ersten Kabinettssitzung 2014 ausgemacht haben. Klar – sieht er seinen Job doch auch darin, Wetter als schön zu verkaufen, selbst wenn es draußen ordentlich blitzt und donnert. Und es hat ordentlich geknallt in den ersten schwarz-roten Tagen. Mindestlohn, Zuwanderung, Vorratsdatenspeicherung – wer geglaubt hatte, die großen Themen seien mit dem Koalitionsvertrag alle abgeräumt, der irrt. An einigen Stellen wurde nicht zu lange verhandelt, sondern zu kurz.
Beim Thema Vorratsdatenspeicherung zeichnete sich dieser Konflikt bereits ab, weil die entscheidende Formulierung dazu, wann man die Speicherpflicht einführen will, im Vertrag fehlt. Selbst CDU/CSU- Fraktionschef Volker Kauder zeigt sich vom Start der großen Koalition nicht angetan. Zu frisch ist wohl auch noch seine Erinnerung an die ersten schwarz-gelben Tage, als der kleine Partner seine vom starken Wahlergebnis ausgelösten Endorphine nicht in den Griff bekam. Dauerstreit war das Ergebnis.
Union und SPD sind auf dem besten Weg, hier Kontinuität zu wahren. Allerdings sind die Voraussetzungen andere. Die SPD schüttet deutlich weniger Glückshormone aus. Ihr sitzt eher die Angst im Nacken. Zwar sind die Sozialdemokraten noch euphorisiert vom Verhandlungsgeschick ihres Chefs – doch gleichzeitig müssen sie darum kämpfen, der Koalition ihren Stempel aufzudrücken. Dasselbe gilt für die CSU. Auch sie hat Sorge vor der Übermacht der Koalition. Denn die große Koalition ist so groß, das man in der Masse leicht untergehen kann. Vor allem für die kleineren Partner SPD und CSU ist das ein Problem.
Im Streit sehen viele ein bewährtes Profilierungsmittel – eines aber, das gerade der FDP nicht gut bekommen ist. Auch für die Kanzlerin wird das zum Problem. Im Kabinett soll sie niemanden zur Ordnung gerufen haben. Doch aussitzen, wegducken und Hände vor das Gesicht halten wird nicht funktionieren. Dafür sind die kleinen Partner diesmal tatsächlich zu groß. Schwarz- Rot wird ein hartes Stück Arbeit – für alle Beteiligten.
Christian Tretbar