zum Hauptinhalt
In Libyen lebende Syrer protestieren am Sonntag vor der russischen Botschaft in Tripolis, weil Russland eine UN-Resolution gegen Assad verhindert hat. Aus Syrien selbst gibt es weiterhin kaum Bilder.
© dpa

Syrien: Für Assad führt kein Weg zurück

Die Resolution verhindert, die lästigen Beobachter aus dem Land, der Westen gelähmt: Assad hat freie Hand für Vergeltungsschläge gegen sein eigenes Volk. Dennoch: Er und seine Clique haben keine Zukunft.

Nichts konnte Russland und China am Samstag rühren. Selbst die Blutnacht von Homs mit über 200 Toten, wenige Stunden vor der Abstimmung in New York, ließ beiden Vetomächte kalt. Und so brachte der UN-Sicherheitsrat elf Monate nach Beginn von Assads bestialischem Waffengang gegen seine Landsleute erneut keine Resolution zustande. Der diplomatische Flurschaden ist gewaltig – und zwar für alle Seiten. Die Vereinten Nationen sind blamiert und weiterhin zur Tatenlosigkeit verdammt in der momentan wohl bedrückendsten Krise auf dem Erdball.

Die wieder zu internationalem Respekt gekommene Arabische Liga steht vor einem Scherbenhaufen. Ihr agiler Generalsekretär Nabil al Arabi hatte vor dem UN-Plenum energisch geworben um die Rückendeckung der Weltgemeinschaft für seinen Plan einer graduellen Machtübergabe in Damaskus. Nun ist nicht nur die Beobachtermission in arabischer Regie gescheitert, auch das politische Stufenkonzept für einen Neubeginn in Syrien ist Makulatur. Den meisten internationalen Kredit allerdings haben Russland und China verspielt. Europa und die Vereinigten Staaten fühlen sich wie zu Zeiten des Kalten Krieges brüskiert. Die arabische Welt wird ihnen diesen Affront noch lange nachtragen, auch wenn sie in Syrien ebenfalls eigennützige Motive hat. Mit Demokratie und Volkswillen haben die Emire und Monarchen der reichen Golfstaaten bekanntlich nicht viel am Hut. Ungeachtet ihrer rhetorischen Beteuerungen geht es ihnen bei der diplomatischen Konfrontation mit Damaskus immer auch um die Eindämmung des Erzrivalen aus Teheran. Anders die demokratischen Pioniere in den Nationen des Arabischen Frühlings. Sie reiben sich zwar an der westlichen Welt und ihren Werten, fühlen sich aber in ihren Grundanliegen vom Westen unterstützt. Für sie enthält das Doppelveto eine ernüchternde Botschaft: Russland und China ist das Freiheitsverlangen der arabischen Völker absolut gleichgültig.

Der internationale Druck auf Damaskus ist erst einmal zusammengebrochen. Russlands Waffenlieferungen steht weiter nichts im Wege, China schielt auf Syriens Öl, die lästigen arabischen Beobachter sind weg, und Journalisten kommen nur ganz wenige ins Land. Assads Regime erhält freie Hand, um ohne Hemmungen und ohne Zeugen abzurechnen. Das Massaker von Homs war nur der Anfang. Doch Präsident Assad kann Syrien nie mehr zu einem gedeihlichen Zivilleben zurückführen. Er und seine Clique, die Zehntausende erschießen, foltern und einkerkern lassen, haben keine Zukunft – egal, wie viel Waffenhilfe und diplomatische Schützenhilfe sie aus Moskau und Peking bekommen.

Martin Gehlen

Zur Startseite