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Lindner, Bahr und Rösler: Wenn die FDP in NRW nicht in den Landtag einzieht, könnte das ihr politisches Ende bedeuten.
© dpa

FDP muss drei Wahlen bestehen: Es beginnt zu kochen

Drei junge Männer – Philipp Rösler, Daniel Bahr und Christian Lindner – traten gemeinsam als Boygroup auf die politische Bühne, sägten Guido Westerwelle ab und wollten die FDP erneuern. Jetzt geht es um ihr eigenes politisches Überleben.

Von Antje Sirleschtov

Über hellseherische Fähigkeiten muss keiner verfügen, um die nahe Zukunft der FDP einschätzen zu können. Es ist nämlich ganz einfach: Noch sechzig Tage und drei Wahlabende beträgt die Gnadenfrist, in der die liberale Partei zeigen muss, dass sie überleben will und kann. Gelingt ihr das nicht, ist Schluss. Schafft es die FDP in den anstehenden drei Wahlen nicht, in den Landtag einzuziehen, werden die Misserfolge aus Saarbrücken, Kiel und Düsseldorf wie ein Tsunami in Richtung Berlin rollen und die ganze Partei samt ihrem Vorsitzenden unter sich begraben. Neue Führungskämpfe, neue Unsicherheiten, politisches Niemandsland – das wären die Konsequenzen, klar und vernichtend. Von einer Schicksalswahl ist die Rede. Und es stimmt: Fällt Nordrhein-Westfalen, dann fällt die FDP.

Warum das ein Schaden wäre? Seit Gründung der Republik führt diese kleine Partei wie keine andere in ihrem Programm die Idee von der Freiheit des Einzelnen, des Bürgers. Wann immer dieser Bürger – ob arm oder reich, jung oder alt – in seiner Selbstbestimmung gefährdet war, durch den wohlmeinenden Staat, durch Ideologien: Immer waren es die Liberalen, die in Parlamenten, vor Gerichten oder in Streitschriften dagegen aufbegehrten. Mal als Korrektiv des Muffig-Bürgerlichen, mal als Stachel im Sozialdemokratischen. Es ist leider wahr, dass die FDP in den vergangenen 15 Jahren ein ums andere Mal ihre Ideale verraten hat und zum Schluss zur Karikatur ihrer selbst wurde. Auch im neuen Grundsatzprogramm, mit dem die Partei alles Neoliberale und Kaltherzige abschütteln will, fehlt die elektrisierende Botschaft. Und leider auch das Vertrauenschaffende in die Fähigkeit der FDP zur Selbstregulierung und Modernisierung.

FDP-Parteichef Rösler: Sind seine Tage bald gezählt?
FDP-Parteichef Rösler: Sind seine Tage bald gezählt?
© dapd

Das alles ist richtig. Aber was wäre es für ein Paradoxon, wenn ausgerechnet jetzt die FDP auf dem Müllberg der Politik landete. Jetzt, da ein Joachim Gauck zum Staatsoberhaupt gewählt wird, dem es gelungen ist, die Deutschen nach vielen Jahren der Sehnsucht nach Sicherheit wieder für die Idee der Freiheit zu begeistern. Die FDP tot: Rot-Grün oder große Koalitionen wären das Ergebnis.

Doch Politik ist kein philosophisches Wunschkonzert. Die Menschen wählen, wem sie zutrauen, dass er ihre Lebensverhältnisse bessert und ihren Kindern Chancen eröffnet. Philipp Rösler trauen das nicht mal 50 von 1000 Wählern zu. Seine Partei ist gegen eine Strafsteuer für besonders gierige Renditejäger, sie verweigert Friseurinnen den angemessenen Lohn für harte Arbeit und schwankt in der Haushaltspolitik wie ein Palmwedel im Sturm hin und her – mal für Haushaltskonsolidierung, mal für Steuersenkungen. Verweigerung, Prinzipienlosigkeit, strategische Leere. Und zwischendurch gefällt sich der Parteivorsitzende in pubertären Froschpöbeleien gegen die Kanzlerin. Wer soll so einem glauben, dass er das Land verlässlich durch Krisen steuert und seine Partei motiviert?

Drei junge Männer – Philipp Rösler, Daniel Bahr und Christian Lindner – waren sie, die einst gemeinsam als Boygroup auf die politische Bühne traten, um Guido Westerwelle zu zeigen, was seine Netto-Partei von einer Freiheitspartei unterscheidet. Gut ein Jahr ist das erst her. Was ist aus den Hoffnungsträgern geworden? Der eine (Bahr) hat Angst, vor die Wähler in NRW zu treten, der andere (Lindner) stürzt erst seine Partei in eine Führungskrise und will jetzt seinem Ex-Chef Rösler zeigen, wie man Wahlen gewinnt. Während der in einen Abgrund blickt, in den ihn jederzeit einer seiner Nebenmänner hineinzustoßen droht.

Kann man so eine Schicksalswahl gewinnen? Sie hatten schon schwache Führungsteams in Berlin und in den Landesverbänden, und oft hat der FDP das Totenglöckchen geläutet. Am Ende haben sie es immer wieder geschafft, sich und ihre Anhänger mitzureißen. Gut möglich also, dass sie am Ende gar nicht stimmt, die Geschichte von Röslers Frosch, der nicht merkt, wie er langsam gar gekocht wird. Vielleicht befreien sich ja blau- gelbe Frösche auch erst aus dem Wasserbad, wenn das Wasser, in dem sie schwimmen, richtig zu kochen anfängt.

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