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Führungswechsel: Eine Doppelspitze für die Türkische Gemeinde

Zwei Männer führen nach Kenan Kolat die Türkische Gemeinde. Die Generation der in Deutschland Geborenen bleibt vorerst in der zweiten Reihe.

Die Zeit war gekommen, sagt Kenan Kolat. Nach fast neun Jahren an der Spitze der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD) wurde der Stress so belastend, dass er um seine Gesundheit fürchtete. Und einfach kürzertreten, „das kann ich nicht“, sagt Kolat. Wenige Stunden zuvor hatten am Samstag auf jenem Bundeskongress der TGD, auf dem er seinen Rücktritt bekannt gab, politische Freunde und Ehrengäste noch die Energie und Allgegenwart des unermüdlichen Spitzenmanns gelobt: Man komme nach Ankara, erzählte die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz, und wer sei schon da? Kolat. Der Termin mit ihm habe schon in ihrem Kalender gestanden, als sie noch nicht einmal ernannt war.

Entsprechend witzelt man im Verband bereits, dass jene Doppelspitze, die die geänderte Satzung für die Zeit nach Kolat vorsieht, gar nicht genügen wird, um ihn zu ersetzen. Kolats jetzt gewählte Nachfolger sind allerdings alte Hasen: Der 67-jährige Berliner Safter Cinar – er kam 1967 zum Betriebswirtschaftsstudium nach Berlin – war seit 1991 Sprecher des Türkischen Bunds Berlin-Brandenburg, engagiert als Gewerkschafter und hat die Föderation Türkischer Elternvereine mitgegründet. Gökay Sofuoglu, als studierter Sozialpädagoge für die Caritas tätig, ist Landesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg und war bisher einer von Kolats Stellvertretern und familienpolitischer Sprecher der TGD.

Cinar gehört der ersten Einwanderergeneration an, der 52-jährige Sofuoglu rechnet sich der zweiten zu: Als in der Türkei Aufgewachsene, die wie ihre Vorgänger als junge Erwachsene nach Deutschland kamen, markiert ihre Wahl noch keinen Generationswechsel zu jenen Almancilar, die hier ihr ganzes Leben verbracht haben. „Wir werden jüngere Leute brauchen“, sagt Sofuoglu, und auch die rein männliche Doppelspitze gebe es jetzt „zum ersten und einzigen Mal“. Man habe Kolat einfach rasch ersetzen müssen.

Dass mehr Jugend auch weniger Bikulturalität bedeuten dürfte, führte auf dem TGD-Kongress Cem Özdemir vor. Der Grünen- Chef erzählte, dass er Sofuoglu sein erstes Interview in der türkische Presse verdankte. Geführt wurde es aber auf Schwäbisch, Özdemirs Türkisch war zu dürftig: „Er hat auf jede Frage nur nein oder ja geantwortet, ich sagte ihm, das reiche nicht“, erzählt Sofuoglu. Für das ausgezeichnete Istanbuler Türkisch seiner Antworten hat Özdemir dann viele Komplimente bekommen.

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