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Hat gut Lachen: Angela Merkel. Gilt das auch im Falle einer Großen Koalition?
© dpa

Große Koalition: Die falsche Sehnsucht der politischen Eliten

Die Zeichen stehen auf Große Koalition nach der kommenden Bundestagswahl. Doch die Sehnsucht danach ist falsch, meint unser Autor - denn es würde zu einer weiteren Erosion des Parteiensystems beitragen.

Es hat sich herumgesprochen: Die Bundestagswahl im September 2013 könnte im Patt enden. Schwarz-Gelb hat sich in der Regierung aufgerieben, die rot-grünen Machtträume sind längst geplatzt. Schwarz-Grün ist nicht in Sicht. Auf der einen Seite ist die FDP zu schwach, um dem bürgerlichen Lager erneut zu einer Mehrheit zu verhelfen. Selbst dann, wenn es den Liberalen doch noch gelingt, dem politischen Tod von der Schippe zu springen. Auf der anderen Seite ist die Hoffnung von SPD und Grünen, der Piratenhype könne bis Herbst 2013 vorbei sein und die Linke könne sich bis dahin selbst zerlegt haben, naiv und realitätsfremd. Zwar wählt die Mehrheit der Deutschen links, trotzdem ist das linke Lager nicht regierungsfähig. Denn die Linkspartei lässt sich nicht beziehungsweise nur zu ihren irrealen Bedingungen in die Regierungsverantwortung einbinden. Was die Piraten wollen, wissen diese zu allererst selber nicht.

Die Zeichen für die nächste Bundesregierung stehen derzeit also auf Große Koalition. Union und SPD beginnen sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass kein anderes klassisches Regierungsbündnis eine Mehrheit finden wird. Viele Politiker beider Parteien erinnern sich zudem noch gern an die vergleichsweise vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen 2005 und 2009. Viele Berater und Lobbyisten, die sich in Berlin tummeln, bereiten sich bereits auf deren Neuauflage vor.

Der scheinbar irrationale Zulauf, den derzeit die Piraten erleben, sorgt für zusätzliche Verunsicherung in der politischen Klasse und dafür, dass die Altparteien noch enger zusammenrücken. So wird vor allem für viele Christdemokraten die Große Koalition zum machtpolitischen Sehnsuchtsort. Die Sozialdemokraten hingegen wissen, dass sie sich allein aus staatspolitischer Verantwortung dem Werben der Unionsparteien nicht werden entziehen können. Selbst wenn sie noch schmerzhafte Erinnerungen an den Absturz auf 23 Prozent bei der Bundestagswahl 2009 haben.

Tatsächlich scheint es ein paar gute Argumente für die Große Koalition zu geben. Haben Union und SPD zwischen 2005 und 2009 nicht erfolgreich sowie im Vergleich zu Schwarz-gelb recht reibungslos und vertrauensvoll zusammengearbeitet? Können die beiden großen Parteien das Land nicht gemeinsam am Besten regieren? Braucht das Land angesichts eines Vielparteiensystems und Wählern, die immer unberechenbarer werden, nicht erst recht eine stabile Regierung? Hat sich nicht zuletzt im Saarland gezeigt, dass Drei-Parteien-Koalitionen nicht funktionieren? Ist es nicht notwendig, dass die CDU, CSU und SPD die existenziellen politischen Herausforderungen des Landes, wie z.B. die Energiewende oder die Eurorettung gemeinsam bewältigen.

Hinzu kommt: Schon in den nächsten Wochen, wenn im Bundestag und Bundesrat über die Einrichtung eines dauerhaften Europäischen Rettungsfonds (ESM) entschieden wird, braucht die Regierung die Stimmen der SPD, weil für den ESM das Grundgesetz geändert werden muss. Einmal mehr wird sich zeigen, dass es in Sachen Euro schon jetzt eine Große Koalition gibt.

Doch die Sehnsucht der politischen Eliten nach der Großen Koalition ist falsch. Sie fördert die Erosion des Parteiensystems und untergräbt das Vertrauen in die Demokratie.

Für CSU und CDU ist die Situation auf den ersten Blick recht komfortabel. Solange die linken Parteien nicht zueinanderfinden und solange die Piraten verhindern, dass eine dezidiert rechtspopulistische Partei entsteht, solange besitzen sie quasi eine Machtgarantie. Merkel bleibt Kanzlerin, nur der Koalitionspartner wechselt. Allerdings kann sich die CDU überhaupt nicht mehr darauf verlassen, dass neben ihr keine neue konservative oder rechtspolitische Partei entsteht. Im Gegenteil je mehr die CDU in die Mitte rückt, desto mehr gerät sie bei Konservativen unter Sozialdemokratisierungsverdacht und desto größer wird die Vertretungslücke am rechten Rand. Das schafft Platz für eine neue Partei und auch die FDP könnte versucht sein, sich rechts von der Union politisch zu profilieren, um ihr politisches Überleben zu sichern.

Für die Sozialdemokarten wäre die Konstellation von Anfang an kompliziert. Die Parteiführung müsste nicht nur große Widerstände der Basis fürchten. Ihr sitzt zudem die linke Konkurrenz bereits im Nacken. Grüne, Linke und Piraten können sich gegen eine SPD, die in der Großen Koalition in Regierungsverantwortung eingebunden ist, hemmungslos profilieren. Das dramatisch schlechte Ergebnis von 2009 kam für die Sozialdemokraten schließlich nicht von ungefähr.

SPD - die vergessene Volkspartei

Zuletzt hat sich die SPD zwei Mal in Bundesländern für eine Große Koalitionen entschieden und nun spürt sie die Konsequenzen. In Berlin macht der linke Parteiflügel gegen den Kurs von Klaus Wowereit mobil, der ganze Landesverband ist in Unruhe und könnte mit dem Landesvorsitzenden Michael Müller ein erstes Opfer fordern. Im Saarland hat die SPD bereits im Wahlkampf auf die Große Koalition gesetzt und so den schon sicher geglaubten Wahlsieg noch verspielt. Einem Teil der SPD-Anhänger war dieser Kurs schlicht nicht vermittelbar.

In der alten Bonner Republik, die von zwei Volksparteien dominiert wurde, wurde die Große Koalition als große Ausnahme angesehen, sozusagen als Ausnahmezustand der Demokratie. Doch im Vielparteiensystem der Berliner Republik wird die Ausnahme immer mehr zur Regel, der parlamentarische Ausnahmezustand zum Normalfall.

Es mag sein, dass es 2013 tatsächlich keine Alternative zu Großen Koalition gibt. Vor allem deshalb, weil mit den Linken und den Piraten gleich zwei Parteien in den Bundestag einziehen könnten, mit denen keine Regierung zu machen ist. Doch der Demokratie tut dies nicht gut, sie lebt vom Parteienstreit, von den Auseinandersetzungen zwischen den großen Parteien und den politischen Lagern, selbst ideologische Schlachten bieten den Wählern Orientierung.

Fällt den großen Parteien allerdings von vorneherein nichts Besseres ein, als 2013 erneut den bequemen Weg der Großen Koalition zu gehen, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn die Parteienbindungen weiter erodieren, sich die Wähler von den traditionellen Parteien entfremden und sich das Parteiensystem immer weiter fragmentiert. Kurzfristig garantiert die Große Koalition CDU, CSU und SPD die Macht und viele Regierungsposten, langfristig schaden sie sich jedoch

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