Treffen der europäischen Piraten: Reiten auf der Erfolgswelle
Beim Treffen von Piraten aus ganz Europa sind die Deutschen die Stars. Die Freibeuter in anderen Ländern hoffen auf vergleichbare Dynamik.
Für die Delegation aus Deutschland gab es einen Extra-Applaus. Dass die Piraten auf der Prager Tagung von politischen Freibeutern aus mehr als 20 Ländern umjubelt werden, hat einen einfachen Grund. Auf Bundesebene erreichen sie nach aktuellen Umfragezahlen zwischen elf und 13 Prozent – damit sind sie mit Abstand die erfolgreichste der weltweit inzwischen rund 50 Piraten-Parteien. „Wir sind hier als diejenigen, die schon einen Weg gegangen sind, den andere noch vor sich haben“, sagt der Berliner Abgeordnete Fabio Reinhardt, der im vergangenen Jahr in das Abgeordnetenhaus eingezogen ist. Mit dieser Rolle müsse man aber sehr verantwortungsvoll umgehen: „Wir müssen deutlich machen, dass wir auch nicht genau sagen können, wie es funktioniert. Wir können einen Erfahrungsaustausch bewirken und die anderen unterstützen, so viel sie das möchten.“
Bei ihrem bislang größten internationalen Treffen haben sich die europäischen Piraten-Parteien auf ihre weitere Strategie verständigt. Vor allem die Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2014 standen dabei im Vordergrund: In mehreren Ländern möchten die Piraten dabei Mandate erringen. Ein gemeinsames Rumpf-Programm soll bis dahin als Fundament für eine europaweite Kampagne erarbeitet werden.
„Wir lassen uns nicht von den Politikern der alten Garde einschüchtern“, sagte Rick Falkvinge beim Treffen in Prag. Der Schwede hat 2006 die Piraten-Bewegung ins Leben gerufen und gilt seither als Taktgeber der Internet-Partei: „Wir können aufstehen und unsere Rechte einfordern, das haben wir inzwischen gesehen!“ Seine kämpferische Stimmung wirkte bei dem Gipfeltreffen der Piraten ansteckend.
Die Piraten trafen sich in einer alten Druckerei am Rande der Innenstadt, die heute Büros von Kreativen beherbergt und einen Konferenzsaal. Der allerdings wirkt ein wenig zu klein für die mehr als 200 Teilnehmer – viele Piraten haben sich erst in letzter Minute angemeldet, sagt Mit-Organisator Mikulas Ferjencik von der tschechischen Piraten-Partei: „Der Erfolg der deutschen Piraten hat die Teilnehmer mobilisiert“, sagt er: „Endlich werden wir international wahrgenommen, und unsere Aktivisten sehen, dass sich ihr Engagement auszahlt.“ Wegen des deutschen Höhenflugs der Piraten berichten auch Medien in anderen Ländern über die Partei, was der ganzen Bewegung neue Dynamik bringe, sagt Mikulas Ferjencik. Allein in Prag gingen derzeit pro Woche mehrere hundert Anfragen von Interessenten ein.
Bei dem Treffen in Prag zeigte sich auch die wohl größte Schwierigkeit, vor der die Piraten derzeit stehen: Sie entwickeln sich in den verschiedenen Ländern mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit. Manche Piraten-Parteien wie in Griechenland sind erst wenige Monate alt und zählen nur eine Handvoll engagierter Mitglieder. Diese Differenzen überlagerten die Debatte über eine europäische Strategie: Während viele Delegierte aus Deutschland gern eine gemeinsame europäische Piraten-Partei gründen würden – das Projekt trägt den Arbeitstitel PP-EU – möchten andere ihre Energie zunächst für die Etablierung im eigenen Land aufwenden. Als wahrscheinlichster Ausweg aus diesem Dilemma gilt ein gemeinsames Programm, das sich auf wichtige Kernpunkte beschränkt, hinter denen alle Piraten-Parteien stehen. In den anderen Politikfeldern behalten die Landesparteien ihre Eigenständigkeit. Mittelfristig wollen die Piraten aber an einer europäischen Partei festhalten.
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