EU-Parlament sagt Ja zum Kommissionschef: Die Chancen des Jean-Claude Juncker
Er ist der Kandidat, den viele nicht wollten. Dennoch wurde er nun von vielen gewählt. Warum Jean-Claude Juncker ein erfolgreicher EU-Kommissionschef werden könnte.
Im vergangenen Herbst, da wollte er noch Regierungschef in Luxemburg werden. Jean-Claude Juncker versprach seinen Wählern: „Ich will nicht nach Brüssel.“ Er wolle kein europäisches Amt mehr, er wolle in Luxemburg bleiben, ein für alle mal. Doch er verlor und überlegte es sich anders. Am Dienstagmittag wurde Juncker nun vom Europäischen Parlament zum EU-Kommissionschef gewählt. Obwohl ihn viele auch auf dieser Position nicht haben wollten. Doch Juncker ist ein zäher Verhandler. Er setzte sich gegen Angela Merkels Zweifel durch, wurde Spitzenkandidat der europäischen Konservativen, versammelte nach der Wahl auch die Sozialdemokraten hinter sich und stach am Ende mit dieser Allianz die Briten aus.
Jetzt wird es an ihm sein, die sich immer weiter voneinander entfernenden Nord- und Südstaaten der Europäischen Union zusammenzuhalten. Die Briten drohen mit Austritt, den Franzosen droht der Kollaps. Die einen wollen weniger, die anderen sehr viel mehr Macht für Brüssel. Einige wollen die Sparvorschriften für Krisenstaaten lockern, andere vermuten hinter solchen Überlegungen den Teufel. Juncker hat sich eine schwere Aufgabe gesucht, denn noch dazu muss er die richtige Balance im Verhältnis zwischen einem selbstbewussten EU-Parlament und einem machtbewussten Europäischen Rat finden. Die Position des Kommissionschefs wird in den kommenden Jahren wichtiger werden. Denn als einzige Institution darf die Kommission EU-Gesetze vorschlagen.
All diese Gegensätzlichkeiten könnten in Juncker den richtigen Vermittler gefunden haben. Auf der einen Seite ist er ein Kandidat der Konservativen, der als ehemaliger Chef der Euro-Gruppe alle wesentlichen Entscheidungen zur Krisenpolitik mitentworfen und mitgetragen hat. Er hat die Troika geschaffen und war damit durchaus ein Vertreter der (deutschen) Austeritätspolitik. Doch Juncker hat dabei einen Ton gewählt, der die Südländer nicht dauerhaft gegen ihn aufgebracht hat. Und er war nicht immer mit den Spar-Radikalisten einer Meinung. Euro-Bonds zum Beispiel, die gemeinsame Schuldenhaftung aller EU-Staaten, hat er nie ganz ausgeschlossen. Wenn Juncker heute davon spricht, die Troika müsse „demokratischer werden“, dann spielt er öffentlichkeitswirksam auf einen Geburtsfehler seiner eigenen Schöpfung an.
Juncker war 18 Jahre lang Regierungschef. Gerne wäre er unter seinesgleichen geblieben. Im Wahlkampf sagte er, die Kommission habe „den Mitgliedstaaten zu dienen“. Das sollte damals auch Merkel gefallen, die mit dem eher profillosen Verlegenheitskandidaten José Manuel Barroso immer ganz gut gefahren war. Juncker will es sich mit ihr nicht verscherzen und sollte doch die Unabhängigkeit seiner Institution stärken. Er muss glaubwürdig für europäische Ziele eintreten, obwohl er in seiner Zeit als Repräsentant Luxemburgs knallhart für die nationalen Interessen des Steuerparadieses gekämpft hat. Mit Engagement muss er die teilweise sehr persönlichen Angriffe der Briten, die ihm unter anderem Alkoholsucht unterstellten, vergessen machen.
Wenn das gelingt, kann der Kandidat, der zu Beginn selbst nicht wirklich wollte und den dann lange andere nicht wollten, am Ende der richtige Mann für diese Posten sein.
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