Hunde in Berlin: Des Halters Pflichten
Beim Hundeführerschein muss die rot-schwarze Koalition in Berlin eine gleichermaßen plausible und pragmatische Neuregelung finden. In jedem Fall wird es Geheul geben, denn die Haltung von Hunden in der Stadt wird dadurch erschwert. Unser Autor meint: das ist auch gut so.
Es wird Geheul geben um das Projekt Hundeführerschein, den einzuführen sich die Berliner SPD-CDU-Koalition vorgenommen hat. Wenn es um Hunde geht, regen sich viele auf. So war es, als vor mehr als zehn Jahren die Rasselisten mit „gefährlichen Hunden“ eingeführt wurden. So war es vor gut sieben Jahren, als das Berliner Hundegesetz kam. Hundefragen sind, auch wenn sich das merkwürdig liest, Freiheitsfragen: Die einen – die mit Hund – fühlen sich stets mehr bevormundet, reguliert, kontrolliert und sogar diskriminiert. Die anderen – die mit Kind im Park oder mit Hundekacke am Schuh – haben den Eindruck, ihre Freiheit werde beschränkt zugunsten einer Tierart, die in der Stadt nicht viel verloren hat.
Tatsächlich gibt es gute Gründe, um das Hundegesetz zu überarbeiten. Die beiden wichtigsten hängen mit den Begriffen „Rasse“ und „Bissvorfälle“ zusammen. Hunderassen sind, das haben viele Fachleute vorausgesagt, die Statistiken belegen es seit Jahren, kein wirklich packendes Kriterium zur Einteilung der Tiere in ungefährliche und gefährliche – mit den entsprechenden Folgen für die Haltung inklusive einer Maulkorbpflicht. Entscheidend ist, von wem und wie Hunde gehalten, erzogen und abgerichtet werden. Was die Bissvorfälle Jahr um Jahr belegen: Mischlinge beißen am häufigsten zu, rund 260-mal im Jahr 2010.
Das lässt zwei Schlüsse zu: Der Mischling ist der Berliner Trend-Hund. Und der durchschnittliche Mischlingshalter ist, was das Treiben seines Tieres angeht, nicht sehr aufmerksam. Und trotz aller Vorschriften kommt es Jahr für Jahr zu grauenhaften Attacken von Hunden auf Kinder – auch wenn tödliche Angriffe wie der eines Kampfhundes auf einen damals sechs Jahre alten Jungen in Hamburg im Jahr 2000 sehr selten sind.
Sehen Sie in den Bildern: Diese Hunderassen werden als gefährlich eingestuft
Ein Eignungstest für Hundehalter ist die logische Folge aus der fortwährenden Hundeproblematik. Denn es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen unfähigen, desinteressierten Hundehaltern und Hunden, die beißen. Die Kunst der rot-schwarzen Hundefachleute in Berlin wird nun darin bestehen, eine gleichermaßen plausible und pragmatische Neuregelung zu finden, um das Hundeführerschein-Aufregungspotenzial zu verringern.
Soll jeder Hundehalter theoretische und praktische Kenntnisse nachweisen – oder reicht beim Herrchen eines gerade mal knöchelhohen Pekinesen die Theorieprüfung? Muss auch die achtzig Jahre alte Witwe Bolte mit dem Spitz die Prüfung ablegen, weil der Spitz, statistisch gesehen, im Jahr 2010 fünf Mal zugebissen hat?
Hundefreunde sagen: Jeder, der einen Hund halten will, soll zeigen müssen, dass er sich auskennt mit so einem Tier. Hundeskeptiker sagen: Und genauso soll der Hundehalter zeigen, dass er die Regeln zum Umgang mit dem Hund in der Öffentlichkeit kennt – einschließlich der Pflicht, Hundekacke zu entsorgen. Das spricht für die Pflicht zur Theorieprüfung. Alle, die schon mal vor einem Hund Angst gehabt haben, sagen mit guten Gründen: Wer einen Hund halten will, der anderen gefährlich werden kann, muss ihn nachweislich perfekt kontrollieren können.
Es bleibt Sache der Politiker, zu entscheiden, ob gefährliche Hunde 38 oder 40 Zentimeter Schulterhöhe haben und mindestens 18 oder 20 Kilo schwer sind. Es bleibt auch Sache der Politiker, sich für oder gegen eine Theoriepflicht zu entscheiden und vernünftige Übergangsregelungen, etwa für alte Leute. Das alles erschwert die Haltung von Hunden in der Stadt. Und das ist auch gut so.