Nahost-Friedensgespräche beginnen nächste Woche: Der nächste Anfang
Im Nahen Osten gibt es zumindest wieder ein bisschen Hoffnung auf Frieden: Bereits in der kommenden Woche könnten Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern beginnen, kündigte US-Außenminister Kerry an. Ein Hoffnungsschimmer – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Amerika sei Dank! Israelis und Palästinenser reden wieder miteinander. Schon Anfang der kommenden Woche könnten in Washington direkte Gespräche beginnen. Dann wäre die fast dreijährige Funkstille beendet. Ein Hoffnungsschimmer – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wer hätte das mit Blick auf das abgrundtiefe Misstrauen zwischen den verfeindeten Kontrahenten für möglich gehalten? Sicherlich nur die Wenigsten.
Dass es jetzt zu gelingen scheint, dem dahinsiechenden Friedensprozess endlich wieder zumindest ein klein wenig Leben einzuhauchen, wird allerdings viele Nahost-Diplomaten kaum überraschen. Schon seit Monaten wird mit großem Respekt über Washingtons jüngste Aktivitäten in der Krisenregion geredet. Amerikas Unterhändler sind offenbar so umsichtig und vorsichtig wie selten zuvor zu Werke gegangen. Keine voreiligen Festlegungen, keine unerfüllbaren Versprechungen, keine überzogenen Forderungen. Diese Politik der vorsichtigen Minischritte hat sich bewährt. Im Nahen Osten gibt es nun mal im Hauruck-Verfahren kein Vorwärtskommen. US-Außenminister John Kerry hat genau das erkannt und beherzigt. Seit Februar ist er im Amt, sechsmal hat er seitdem das politisch verminte Terrain bereist, allen gut zugeredet und im Zweifelsfall Druck gemacht - auch mit Hilfe seines Chefs im Weißen Haus. So ist Kerry ein kleines diplomatisches Meisterstück gelungen. Hut ab!
Nur: Man sollte nicht außer Acht lassen, dass Amerikas wiedererwachtes Interesse an der Lösung des Nahostkonflikts handfeste Gründe hat. Und die gehen über den eigentlichen Streit zwischen Palästinensern und Israelis hinaus. Die ständigen Unruhen in Ägypten, der blutige Bürgerkrieg in Syrien und ein Iran, der unbeeindruckt sein Atomprogramm vorantreibt: Für Barack Obama gibt es viele Baustellen, die unmittelbar, ja elementar die Interessen der Supermacht betreffen. Und da tut Washington gut daran, ein wenig Luft aus der Dauerfehde zweier kleiner Völker herauszulassen. Denn wer verhandelt, dem fällt es schwerer, über sein Gegenüber herzuziehen. Sollte es tatsächlich irgendwann eine substanzielle Annäherung zwischen den beiden Kontrahenten geben – umso besser. Hauptsache, es herrscht Ruhe. Zumindest vorläufig.
So ist denn auch der jüngste Erfolg in den Bemühungen um die zaghafte Annäherung der Kontrahenten kaum mehr als ein Etappensieg. Die echte Kärrnerarbeit beginnt jetzt erst. Denn ungeachtet beschwichtigender Gesten im Vorfeld der Gespräche bleiben die Hindernisse auf dem Weg zu einem gedeihlichen Nebeneinander ebenso groß wie der gegenseitige Argwohn. Kein einziger Punkt auf dem Weg zur viel beschworenen Zwei-Staaten-Lösung ist bislang auch nur ansatzweise geklärt. Das gilt für die Siedler-Problematik ebenso wie für das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge. Von einem künftigen Grenzverlauf oder gar dem Status Jerusalems ganz zu schweigen. Gerade Israel wird wohl zu weitreichenden Konzessionen bereit sein müssen.
Doch selbst wenn Premier Benjamin Netanjahu sogar ein Einsehen in die Notwendigkeiten haben sollte, muss er zunächst die Vorbehalte innerhalb seiner Regierungskoalition überwinden. Und die sind erheblich, vor allem in den Reihen der Siedler. Naftali Bennett zum Beispiel ist Netanjahus Wirtschaftsminister - und ein erklärter Gegner jeder Übereinkunft mit den Palästinensern. „Wir müssen bauen, bauen, bauen“, forderte der Nationalreligiöse noch vor kurzem. Einen selbstständigen Palästinenserstaat hält der smarte, radikale Siedler-Aktivist für ein Unding. Nachgiebigkeit klingt anders. Sie ist aber unerlässlich.
Das gilt ebenfalls für Mahmud Abbas. Der Palästinenserpräsident muss nun unter Beweis stellen, dass er gewillt ist, von wirklichkeitsfremden Maximalforderungen endgültig Abschied zu nehmen. Zeit wird’s. Schließlich dürfte ihm längst klar sein, dass gegen Israels Willen kein Palästinenserstaat zu machen ist - selbst wenn die Vereinten Nationen das hundertmal einfordern. Vielmehr muss Abbas die Hardliner in den Reihen der Fatah bändigen. Viele erkennen noch immer nicht Israels Existenzrecht an, würden den jüdischen Staat am liebsten weiter mit Bomben und Raketen bekämpfen. Im Glauben, dass Israel und die verhassten „Zionisten“ irgendwann doch noch von der Landkarte verschwinden könnten. Ein fataler Irrglaube, mit dem es sich auch die Hamas in Gaza bequem gemacht hat.
Kann es unter diesen Bedingungen überhaupt eine Annäherung geben? Skepsis ist sehr wohl angebracht. Oslo, Camp David, Annapolis - wer kann die Konferenzen und Vereinbarungen überhaupt noch zählen? Die Hoffnungen auf eine tragfähige Einigung haben sich regelmäßig nach kürzester Zeit verflüchtigt. Jetzt steht man mehr oder weniger wieder am Anfang. Und einfacher ist die Lage in den vergangenen Jahren (auch mit Blick auf den inzwischen frostig anmutenden Arabischen Frühling) wahrlich nicht geworden. Dennoch, vielleicht heißt es irgendwann einmal rückblickend: Gelegenheit macht Frieden.
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