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Ein Blick auf eine jüdische Siedlung im Westjordanland. Die Gemeinde Ofra liegt nördlich von Ramallah.
© Reuters

Nahost: EU-Boykott von Siedlungen empört Israel

Die EU will besetzte Gebiete in Zukunft nicht mehr fördern und aus gemeinsamen Verträgen ausklammern. Dafür erntet die EU-Kommission scharfe Kritik - von Israel.

Es ist ein Konflikt mit Ansage: Schon im Dezember hatten sich die EU-Außenminister „tief bestürzt“ gezeigt über Israels Siedlungspläne im Westjordanland und in Ostjerusalem. Sie werden als Hindernis für eine künftige Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern gesehen. Zugleich beschlossen die europäischen Chefdiplomaten damals, dass jede Art von Zusammenarbeit zwischen Europäern und Israelis nicht für die von ihnen im Sechstagekrieg 1967 eroberten Gebiete gilt. Die EU-Kommission setzt diese Vorgaben nun Stück für Stück um – und erntet scharfe Reaktionen aus Israel. Das bisweilen schwierige Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Israel hat damit einen Tiefpunkt erreicht.

Am Freitag sollen die Richtlinien für die nächste Haushaltsperiode von 2014 bis 2020 im EU-Gesetzesblatt auftauchen. Vom 1. Januar tritt demnach die neue EU-Regel in Kraft, die die Förderung israelischer Siedlungen im Westjordanland, den Golanhöhen oder Ostjerusalem ausschließt. De facto ist das bereits der Fall. Von den rund 800 Millionen Euro, die seit 2007 an israelische Projekte im Bereich von Forschung und Entwicklung geflossen sind, gingen nur rund vier Millionen Euro ins Westjordanland – 0,5 Prozent. Künftig muss ein israelischer Antragsteller nicht nur vorweisen, dass er seinen Sitz innerhalb der sogenannten grünen Linie hat, welche die israelische Grenze vor 1967 markiert, sondern auch angeben, welche förderfähigen Aktivitäten dort stattfinden.

Am Mittwoch versuchte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einem Telefonat mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso die Veröffentlichung der Richtlinien zu verhindern. Sie verschlechterten nicht nur die Beziehungen, argumentierte der Premier Diplomaten zufolge, sondern auch die Chancen auf eine Lösung des Nahost-Konflikts. Die EU, sagt Netanjahu, untergrabe die Bemühungen des amerikanischen Außenministers John Kerry, der zurzeit Gespräche über die Möglichkeit der Wiederaufnahme der seit 2010 blockierten Friedensgespräche führt. Barroso soll dabei lediglich betont haben, dass man die Details der künftigen Förderkriterien bis Jahresende gemeinsam ausarbeiten könne. Überhaupt werde die Förderung Israels „nicht infrage gestellt“.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hält aber generell an der harten Position fest. „Es ist schon lange Auffassung der EU, dass die israelischen Siedlungen völkerrechtswidrig sind“, sagt ihre Sprecherin, „wir ändern unsere Politik nicht.“ Schon im Jahr 2000 trat ein Assoziierungsabkommen in Kraft, das Handelserleichterungen für israelische Produkte vorsieht – solange sie nicht aus besetzten Gebieten stammen. Tomaten aus dem israelischen Kernland kommen in Europa billiger auf den Markt als die aus der Westbank. Seit 2008 liegen wegen mangelnder Fortschritte im Friedensprozess auch Gespräche über ein noch weitgehenderes Partnerschaftsabkommen auf Eis.

Atmosphärisch freilich verändert sich schon dadurch etwas zum Schlechteren, weil die EU die Trennung zwischen Kernland und besetztem Gebiet zur Voraussetzung für alle künftigen Vereinbarungen macht. Und es dürfte noch schlimmer kommen: Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes darf das Kosmetikunternehmen Ahava nicht zu Vorzugskonditionen nach Europa exportieren, da eine Produktionsstätte im Westjordanland liegt. Die EU-Kommission arbeitet diesbezüglich bereits an der nächsten Verwaltungsvorschrift – es soll zwischen schlechten“ und „guten“ Produkten aus Israel unterschieden werden. Der Ärger ist programmiert.

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