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Spot an, Kamera läuft. Am 18. Dezember will Edathy vor die Presse treten.
© dpa

Bundespressekonferenz: Der falsche Ort für die Edathy-Show

Die Bundespressekonferenz bietet die Berliner Bühne für die große Politik. Mit Sebastian Edathy betritt sie nun ein wegen Kinderpornografie Angeklagter, der Ämter und Mandat längst aufgegeben hat. Es geht nicht um Aufklärung, es geht um Sensation. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Sebastian Edathy kommt. Im Dezember wird er vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen, der mögliche Verwicklungen des Bundeskriminalamts in die Affäre aufklären soll. Zuvor spricht der frühere SPD-Abgeordnete bei der Bundespressekonferenz, dem Verein der Parlamentsjournalisten in Berlin. Der Ort, an dem sich sonst die Regierung erklärt, vor der blauen Wand, die man aus der „Tagesschau“ kennt. Die Konferenz hat etwas „ganz Wesentliches“, lobte kürzlich Bundespräsident Gauck, „Organisationsmacht. Wer Termine und Themen setzt, der nimmt Einfluss.“

Einfluss haben bedeutet, mit ihm verantwortlich umzugehen. Eingeladen wird, wer politisch relevant, wer interessant ist. Edathy ist unter diesen Aspekten ein ungewöhnlicher Kandidat. Er hat politische Ämter und Mandate aufgegeben. Seine gegenwärtige Bedeutung ist, als Zeuge im Untersuchungsausschuss geladen zu sein. Zudem ist er angeklagt wegen Kinderpornografie. Seine letzten Äußerungen zu Sache waren: „Ich bin ein Gegner von Kinderpornografie“, und „alles, was ich getan habe, war im legalen Bereich“. Es ist das Recht jedes Angeklagten, Vorwürfe gegen sich zu bestreiten, jedoch: Ist die Bühne der Bundespressekonferenz der richtige Ort dafür?

Alle sind neugierig auf Edathy. Wie sieht er aus? Wird er wieder sagen „Ich bin nicht pädophil“ oder an die „lange Tradition“ des „ männlichen Kinder- und Jugendakts“ erinnern, wie noch im Frühjahr? Vielleicht. Wird er eine Nachrichten-Bombe platzen lassen nach dem Motto: Ich war gewarnt – und die SPD-Leute outen, die ihm alles steckten? Unwahrscheinlich, er wird sich kaum selbst belasten wollen. Außerdem ist genau dies Thema im Untersuchungsausschuss. Dort gelten die Regeln des Strafprozesses. Zeugen sind wahrheitspflichtig, können unter Eid vernommen werden. Es kann Zwangsmittel geben. Insgesamt weit mehr Druck und Aufklärungsmacht, als die versammelten Parlamentsreporter entwickeln können.

Beruft sich Edathy im Ausschuss auf sein Aussageverweigerungsrecht, wird er auch vor der Presse kaum Wichtiges zu sagen haben. Hat er Wichtiges zu sagen, wird er es auch im Ausschuss tun. Die Großbefragung bedient damit was? Das Bedürfnis nach Sensation. Nebenbei gibt sich die Bundespressekonferenz die zweifelhafte Ehre, den Angeklagten erzählen zu lassen, wie er sich vor Gericht verteidigen will. Damit hätte Edathy in Sachen medienförmige Vorbereitung (und Beeinflussung) eines öffentlich viel beachteten Strafverfahrens Maßstäbe gesetzt.

Die Vorwürfe gegen den Angeklagten klingen dramatisch; de jure bewegen sie sich auf dem Niveau von Kleinkriminalität. Edathy hat – unabhängig vom Urteil – ein berechtigtes Interesse, später rehabilitiert zu werden. Kameras und Mikrofone mag er sich selbst dafür suchen.

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