Porträt: Sandra Scheeres: Das Hin und Her bei der Früheinschulung
Die Früheinschulung wird abgeschafft, obwohl Bildungssenatorin Sandra Scheeres lange dagegen war. Ihre Position in der Koalition ist dennoch stabil.
Was für ein Theater! Jahrelang wurde in Berlin um die Früheinschulung gerungen. Eltern ließen ihre Kinder, die mit fünf eingeschult werden sollten, massenhaft zurückstellen, doch Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) blieb hart und konterte mit Studien, wonach der frühe Beginn nicht schade. Und jetzt? Jetzt wird die Früheinschulung doch gekippt – und aus Scheeres’ Verwaltung heißt es: „Der Elternwille wird weiter gestärkt.“
Tatsächlich geht der Entscheidung nicht unbedingt ein Sinneswandel der Senatorin voraus, sondern ein politischer Kuhhandel: Die CDU bekam die Abschaffung der Früheinschulung, die SPD dafür das Umwandlungsverbot für Mietwohnungen.
Obwohl Scheeres jetzt zurückrudern muss, kommt sie aber wohl ohne größere Blessuren aus der Sache heraus. Für die Eltern war die Abschaffung überfällig – und populäre Entscheidungen schaden Politikern selten. Ohnehin gilt die Position der 44-Jährigen im Senat und in der Partei inzwischen als stabilisiert. Klaus Wowereit gab ihr stets Rückendeckung, bei Michael Müller ist das nicht anders. Kompetenten Rückhalt bekommt sie auch durch ihren Staatssekretär Mark Rackles. Sie galt bei allen drei Kandidaten für die Wowereit-Nachfolge als gesetzt. Selbst bei Fraktionschef Raed Saleh, der sich selbst gern mit Bildungsthemen hervortut und die Senatorin schon mit Alleingängen, wie etwa dem Brennpunktschulprogramm, brüskierte.
Als die gebürtige Düsseldorferin 2011 Senatorin wurde, waren viele skeptisch . Die studierte Pädagogin und Mutter zweier Söhne hatte sich als Pankower Abgeordnete in der Jugendpolitik engagiert, galt in den Bereichen Schule und Wissenschaft aber als unerfahren und wirkte nicht immer redegewandt. Doch wer Scheeres unterschätzt, macht einen Fehler. Sie ist hartnäckig, und Kritik und Spott scheinen an ihr abzuprallen. Den Kita-Ausbau hat sie vorangetrieben, so dass Berlin gut dasteht, auch den akuten Lehrermangel hat sie pragmatisch gemanagt. Allerdings muss sie vor allem Probleme bearbeiten, die ihre Vorgänger hinterlassen haben: jahrelang vernachlässigte Schulbauten, versäumte Einstellungen, missglückte Reformen, ganz aktuell das Gesundheitsmanagement für Lehrkräfte. Zu eigener Gestaltung kommt Scheeres kaum. Die Inklusion wäre so etwas gewesen, das sollte ihre Reform werden. Doch ausgerechnet dafür konnte sie lange nicht genügend Geld heraushandeln und muss jetzt nachsteuern.