Integration: Buschkowsky bringt der SPD die Realität bei
Die Berliner SPD hört endlich auf, soziale Probleme zu leugnen – dank Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. Anders als im Fall Sarrazin ist dessen Hartnäckigkeit zutiefst sozialdemokratisch.
Die Wirklichkeit ist die beste Lehrmeisterin. Die Verhältnisse zu leugnen, weil sie einem nicht in den Kram passen, führt nur dazu, dass die Kopfnüsse, die das Leben verteilt, umso schmerzhafter werden. Manchmal braucht es jemanden, der ausspricht, was ist. So einer ist Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky. Der Mann nervt seit Jahren, vor allem seine SPD, weil er darauf besteht, Missstände auch so zu nennen.
Man kann über sein Buch „Neukölln ist überall“ sagen, dass die Verhältnisse nicht überall so schlimm sind, wie er tut; ihn in eine rassistische Ecke zu stellen, ist aber die unehrlichste Art, seine Thesen abzulehnen. Man kann Buschkowsky nicht absprechen, dass er ernsthaft mit den Problemen in seinem Bezirk ringt und klar benennt, wo es besonders schmerzt. Anders als im Fall des denunziatorischen Sarrazin ist Buschkowskys Hartnäckigkeit zutiefst sozialdemokratisch, er will die Chancen der Menschen verbessern und allen Wege zum Aufstieg bahnen. Wer aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommt, benötigt keine paternalistische Ignoranz, sondern konkrete Hilfe. Der aus Palästina stammende SPD-Fraktionschef Raed Saleh weiß das – und auch, dass es viele Migranten gibt, denen Buschkowsky mit seiner Forderung nach aktiver Integration näher ist als jene, die ihn Rassist nennen.
Es ist Buschkowskys Verdienst, wenn die SPD nun anerkennt, dass es in Berlin problematische Schulen gibt, die nur zusätzliche Mittel retten können. Ausgesprochen wird endlich, was Familien längst wissen – so gut, dass vor allem deutschstämmige Eltern alles tun, damit ihre Kinder nicht auf diese Schulen gehen müssen.
Es ist eine Genugtuung für Neuköllns Bürgermeister, dass eine Reise mit dem SPD-Fraktionschef Saleh nach Rotterdam die Verhältnisse verändert hat. Vor vier Jahren hatte es die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus abgelehnt, sich ebendiese Rotterdamer Konzepte gegen Problemkieze überhaupt vortragen zu lassen. Und noch vor wenigen Wochen hatte Schulsenatorin Sandra Scheeres abgelehnt, dass ein solches Sonderprogramm notwendig sei. Mit einer solchen Zuordnung würden Schulen bloß stigmatisiert, wurde in der Verwaltung argumentiert. In Wahrheit ist das als Pädagogik verkleideter Zynismus. Denn auch den betroffenen Schulleitern ist es lieber, sie bekommen zusätzliche Hilfe, als dass ihre Probleme totgeschwiegen werden.
Nun sollen nach klaren Kriterien ausgewählte Schulen jeweils 100 000 Euro pro Jahr zur eigenen Verwendung erhalten, um Psychologen, Sozialarbeiter oder zusätzliche Sprachlehrer zu bezahlen. Über die Verwendung sollen die Schulen selbst entscheiden – was ebenfalls eine kleine Revolution ist, bislang regelte das die Schulverwaltung zentral.
Manchmal bewegt sich selbst die SPD. Bis zur Abgeordnetenhauswahl 2011 leugneten die Sozialdemokraten auch den Wohnungsmangel in Berlin. Das hat sich ebenfalls geändert. Die Anpassung an die Realität ist so schwer wie notwendig. Manchmal braucht es dafür einen wie Buschkowsky.
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