Vor der Wahl: Bremen gehört abgeschafft
Vor der Bremer Landtagswahl am Sonntag kündigen sich Sensationen an: Erstmals dürfen 16-Jährige teilnehmen, erstmals könnte die CDU hinter den Grünen nur drittstärkste Kraft werden. Warum interessiert das bloß keinen?
Am liebsten würde man einmal laut schreien. Einfach so, damit alle wach werden und merken, was da am Sonntag in Bremen eigentlich Spektakuläres passiert. Oder immerhin passieren kann.
Fangen wir klein an: Es gibt auf der deutschen Parteienlandkarte noch Stammländer. Echte unumstößliche Hochburgen - und das sogar für die SPD. Seit 65 Jahren wird Bremen mittlerweile von der SPD regiert. Allmählich beginnt die CSU in München neidisch zu werden. Überhaupt die SPD. Sie kann ein Regierungsamt verteidigen. Allein das.
ARD und ZDF wird das kaum interessieren. Sie senden ja, aber die Lindenstraße und den Tatort, der an diesem Sonntag auch noch ein Polizeiruf ist, werden die Eruptionen aus Bremen kaum erschüttern.
Dabei ist es doch irre, was in Bremen passieren kann: Die CDU wird erstmals in ihrer Geschichte hinter den Grünen landen als drittstärkste, in Worten drittstärkste Kraft. Und mindestens genauso spektakulär ist die Tatsache, dass es die SPD noch schafft, vor den Grünen zu landen.
Und die Linken? Sie verlieren, obwohl es in Bremen exorbitant viele Hartz-IV-Empfänger gibt, jedes dritte Kind in Armut lebt und die Schulden die 17-Milliarden-Marke knackt. Manche sagen sogar, die Stadt sei in einer absoluten sozialen Schieflage, weil es auch genug Millionäre gibt. Das alles langt vermutlich nur für rund sieben Prozent.
Gut, der FDP droht mal wieder der Nicht-Einzug in ein Landesparlament - aber man gewöhnt sich an alles.
Doch es passiert noch mehr Revolutionäres in Bremen: Erstmals dürfen 16-Jährige an einer Landtagswahl teilnehmen. Nur sagen Umfragen voraus, dass von denen kaum einer am Sonntag raus will, um zur Wahlurne zu pilgern. Aber allein die Möglichkeit.
Bleibt noch zu erwähnen, dass in Bremen immerhin mit Jens Böhrnsen ein Intermezzo-Bundespräsident zur Wahl steht.
Es gibt also Gründe genug zu sagen: Wähler dieser Republik, schaut auf diese Stadt. Aber irgendwie scheint sich keiner dafür erwärmen zu können. Eine Art Bremer Tristesse macht sich breit, die Fortsetzung der deprimierenden Saison des SV Werder.
Am Ende des Wahlabends wird nur eine Erkenntnis bleiben: Bremen gehört abgeschafft, nicht als Stadt, auf keinen Fall, um Gotteswillen: Bremer Stadtmusikanten, Sven Regener und so weiter. Nur als Bundesland. Denn das Blöde an dem Spektakulären dieser Wahl ist, dass gerade einmal 499.000 Wahlberechtigte dafür verantwortlich sind. Das ist nicht mal ein Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland.
Warum braucht Deutschland ein Bundesland, das aus zwei kleinen Städten zusammengebastelt ist? Was ist eigentlich so schlimm daran, zu Niedersachsen zu gehören?
Christian Tretbar
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