Vorwahlen der US-Demokraten: Bernie Sanders hat die zweite Luft
In Washington State, Alaska und Hawaii erzielt der linke Demokrat Kantersiege. Sie helfen nur begrenzt, Hillary Clintons Führung aufzuholen. Eine Analyse.
Das Osterwochenende beschert Bernie Sanders Frühlingsgefühle. Im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten verspürt der 74-jährige Parteilinke die zweite Luft. Die Vorwahl in Washington State gewann er mit 73 Prozent, die in Alaska gar mit 82 Prozent. Auch in Hawaii, dem dritten Wettbewerb an diesem Wochenende, erzielte er einen klaren Sieg. Wird es doch noch einmal spannend im Rennen um die offizielle Nominierung, nachdem er bei den jüngsten Vorwahlen in Arizona und zuvor Florida unterlegen war?
Sanders: Wir holen auf!
Bei einer Wahlkampfrally in Madison, Wisconsin - dem Staat mit den nächsten Vorwahlen in beiden Parteien am 5. April - ermunterte Sanders 8000 Anhänger zu dieser Hoffnung: "Die Entscheidung ist noch nicht gefallen." Es sei immer klar gewesen, dass "der Süden hart für uns" ist, die Ergebnisse sich aber verbessern, wenn es nach Westen geht. "Wir holen stark auf."
Der pazifische Nordwesten der USA ist in der Tat ein spezielles Pflaster. Die Bevölkerung ist überdurchschnittlich weiß, und die Demokraten dort stehen im Zweifel weiter links als im Landesdurchschnitt. Die Gesellschaftsgruppen, die Hillary Clinton kürzlich zu überzeugenden Siegen in Florida, North Carolina und Texas verhalfen - Afroamerikaner und Latinos - sind in Washington State, Alaska und Hawaii nur in geringer Zahl anzutreffen.
Deshalb haben Bernie Sanders Kantersiege auch nur begrenzte Bedeutung für den weiteren Verlauf des Rennens und lassen nicht auf eine neue Dynamik schließen, die zu einer ernsthaften Bedrohung für Hillary Clintons Führung in der Zählung der Delegierten für den Nominierungsparteitag Ende Juli in Philadelphia werden kann.
Ihre beiderseitigen Aussichten bei den noch folgenden Vorwahlen in 18 Staaten plus weiteren zu den USA zählenden Territorien wie Puerto Rico, Guam oder den Virgin Islands hängen von der jeweiligen Bevölkerungszusammensetzung sowie vom Vorwahlmodus ab. In Südstaaten mit vielen Afroamerikanern sowie den Staaten des Westens mit hohem Latinoanteil hat Clinton Vorteile; in überdurchschnittlich weißen Staaten und in Regionen mit Universitäten und hohem Anteil an Studenten und anderen Jungwählern ist Sanders begünstigt. Sanders tut sich zudem leichter in Staaten, die ihre Vorwahl als Caucus (lokale Parteiversammlung) abhalten, so auch jetzt in Washington State und Alaska.
Clinton setzt auf New York und Kalifornien
Beim Blick auf den Wahlkalender und die politische Geografie muss Clinton sich keine großen Sorgen machen. In den an Delegierten reichen Staaten wie New York, wo sie zudem Heimvorteil hat (am 19. April), Pennsylvania (am 26. April) und Kalifornien (am 7. Juni) ist sie im Vorteil. Sanders' Erfolge decken freilich immer wieder ihre Schwachstellen auf. Hillary Clinton tut sich schwer in der Arbeiterschicht, mit Jungwählern und mit der Parteilinken. Im besten Fall wirkt Sanders wie eine stete Mahnung, bei welchen Themen und gegenüber welchen Bevölkerungsgruppen sie noch arbeiten muss, um zu einer besseren Kandidatin für die Hauptwahl im November zu werden.