Urteil gegen Torben P.: Aus dem Monster wurde ein Mensch
Das Verfahren gegen Torben P. hat nicht den Täter zum Opfer gemacht, sondern aus dem Monster einen Menschen. Dennoch bleiben einige Rätsel ungelöst. Ein Kommentar.
Vor dem Prozess gegen den U-Bahn-Schläger Torben P. hatten manche Juristen geargwöhnt, ein faires Verfahren sei kaum mehr möglich. Zwar würden Richter stets bemüht sein, sich nicht von der öffentlichen Erwartungshaltung beeindrucken zu lassen; aber in diesem Fall sei die Macht der Bilder und die Flut der Gefühle einfach zu stark. Während des Prozesses, in dem die zuweilen schwierigen Lebensumstände von Torben P. zur Sprache kamen, argwöhnte dann eben jene meist laienhafte Öffentlichkeit, der Täter werde zum Opfer gemacht, erst von seinen Verteidigern, dann von den Gutachtern, schließlich vom Gericht. Doch weder für das eine noch für das andere gibt es am Ende ernstzunehmende Indizien: Zwei Jahre und zehn Monate Jugendstrafe wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung scheinen der Tat und den Umständen angemessen zu sein.
Das Verfahren hat nicht den Täter zum Opfer gemacht, sondern aus dem Monster einen Menschen, der in jungen Jahren eine schwere Straftat begangen hat – auch eine schwer zu erklärende. Der Prozess hat hier keine Erhellung gebracht, was dem Fall neben seiner Dramatik und Tragik auch etwas Unheimliches gibt: Was letztlich dazu führte, dass Torben P. einen ihm unbekannten Mann fast zu Tode trat, bleibt ein Rätsel – es ist nicht das einzige. Auf den kaum zu ertragenden Filmsequenzen, die zur Fahndung veröffentlicht wurden, ist am Rand zu sehen, wie kaum einen Meter entfernt ein männlicher Müllwerker in aller Ruhe seine Tonne leert und sich dann davonmacht. Zunächst hieß es, der Mann habe alles richtig gemacht und um Hilfe gerufen; eine Version, die sich nicht halten ließ. Was ging in diesem Menschen vor? Angst? Gleichgültigkeit?
Und noch ein Rätsel: Warum veröffentlichte die Polizei ausgerechnet diese Bilder, und warum verschwieg die Staatsanwaltschaft, dass es auch andere Szenen gab? Dabei lagen Bilder einer anderen Überwachungskamera vor, die zur Fahndung besser geeignet gewesen wären; ein ähnlich großes Entsetzen wie die veröffentlichten Tatsequenzen, auf dem der Täter wie von Sinnen auf sein wehrloses, ohnmächtiges Opfer tritt, hätten sie wohl nicht ausgelöst. Wollte da jemand so ganz nebenbei Politik machen? Kaum vorstellbar. Ebenso wenig wie die Tat selbst.
Lorenz Maroldt
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