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Wahlkampf in Ungarn: Neben einem Plakat seines Herausforderers wirbt Viktor Orbán für Frieden und Sicherheit.
© Attila Kisbenedek/AFP

Orbáns Wahlkampf im Ukraine-Krieg: An den ungarischen Wahlen entscheidet sich der Zusammenhalt Europas

Ungarns Regierungschef Orbán tritt Sonntag zur Wahl an und verspricht Frieden. Aber für die EU kann seine Nähe zu Russland gefährlich werden. Ein Kommentar.

Judith Langowski
Ein Kommentar von Judith Langowski

Seit Wochen ist der Ministerpräsident auf Plakaten an Landstraßen oder auf Werbebannern in der Budapester Metro präsent. Ungarn ist gleichsam tapeziert mit Bildern von Viktor Orbán und den Schlagwörtern Frieden und Sicherheit, die er dem Wahlvolk verspricht, wenn das an diesem Sonntag mehrheitlich für ihn stimmt. Und die Chancen, das es so kommt, stehen gut.

Während in Ungarn Wahlwerbung – vor allem für den Amtsinhaber – aushing, fing im Nachbarland Ukraine Russlands Präsident Wladimir Putin einen Krieg an, was Orbán kaum zu stören scheint. An seiner notorisch anti-europäischen und pro-russischen Haltung hat sich bislang wenig geändert.

Putin hat in Orbán mit dessen Nichteinmischungsversprechen einen Verbündeten, der ihm wirtschaftlich wie politisch folgt. Der Ungar fährt zwischen Brüssel und Moskau eine Doppelstrategie.

Er trägt die EU-Sanktionen zwar mit und distanziert sich  dennoch nicht von Putin. Sollte er erwartungsgemäß im Amt bestätigt werden, dürfte er sich auch in dieser Haltung bestätigt sehen.

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Immerhin hat die bereits einen Keil in die sonst stabile rechtspopulistische Achse Warschau – Budapest getrieben. Orbán schloss sich auch nicht an, als die Regierungschefs Sloweniens, Tschechiens und Polens nach Kiew reisten. Im Gegenzug kamen die Verteidigungsminister der drei Länder nicht nach Ungarn, wo diese Woche ein Treffen der Visegrád-Länder stattfinden sollte.

Vielleicht letzte Möglichkeit, um Orbán abzuwählen

Ebenfalls unbeirrt hält Orbán an seiner Vision der „illiberalen Demokratie“ fest, angelehnt an Russland oder die Türkei. deren politische Systeme er lobt. In den vergangenen zwölf Jahren hat er die Unabhängigkeit der Justiz verknappt, das Wahlrecht zu seinen Gunsten reformiert, Presse- und Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt.

Diese Wahl könnte die letzte sein, bei der es überhaupt eine Chance auf Orbáns Abwahl gibt. Hoffnungen darauf, dass die Wählerinnen und Wähler das erkennen und umdenken, werden sich aber kaum erfüllen. Viele wollen Orbán die vierte Legislatur in Folge gönnen. Sie haben am politischen Kurs wenig auszusetzen, und wirtschaftlich geht es vielen besser als noch vor zwölf Jahren.

Erschöpft von der Flucht: Ein Junge schläft im Bahnhof der ungarischen Grenzstadt Záhony.
Erschöpft von der Flucht: Ein Junge schläft im Bahnhof der ungarischen Grenzstadt Záhony.
© Bernadett Szabó/REUTERS

Das gilt auch für die große ungarische Minderheit in der Ukraine. Viele von ihnen sind vor dem Krieg nach Ungarn geflohen und werden mit offenen Armen empfangen. Die Ungarn in den benachbarten Ländern gelten eingeschworene Orbán-Fans – paradoxerweise auch jetzt noch, da Orbán zu dem Mann hält, der ihre Flucht erst nötig gemacht hat.

Den Herausforderer gilt vielen als zu unerfahren

Bis vor dem Krieg sah es dabei diesmal so aus, als könnte die Opposition Orbán gefährlich werden. Sechs Parteien haben sich verbündet und unterstützen einen gemeinsamen Spitzenkandidaten: Péter Márki-Zay, Kleinstadtbürgermeister aus Südungarn und ein weitaus unerfahrener Politiker als Orbán – zumal auf internationalem Parkett.

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Viele Ungarn, die bisher noch nie die Opposition gewählt haben, könnten sich an diesem Sonntag auch deshalb nochmal für Orbán entscheiden, weil andere Themen, etwa der Kampf gegen korrupte Fidesz-Politiker, seit dem Krieg unbedeutend geworden sind.

Ein Stück weit kann die Wiederwahl Orbáns aber auch als Quittung für die EU gelesen werden: für die Zaghaftigkeit, mit der sie die fortschreitend autoritären Symptome der ungarischen Politik behandelt hat.

Mehr zur Ungarn-Wahl bei Tagesspiegel Plus:

Immer wieder wurden zwar Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet oder festgestellt, dass die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr sei, aber echte Konsequenzen hat die Bevölkerung nicht wahrgenommen. Und so dürfte sich Orbáns Kurs nach der Wahl vermutlich radikalisieren.

Auch in Frankreich ist der Wahlkampf in den letzten Zügen. Marine Le Pen hat gute Chancen, weiterzukommen.
Auch in Frankreich ist der Wahlkampf in den letzten Zügen. Marine Le Pen hat gute Chancen, weiterzukommen.
© AFP

Das könnte andere rechtspopulistische Politiker in Europa bestärken. Kommenden Sonntag wählt Frankreich, der Rechten Marine Le Pen werden gute Chancen zugesagt, den zweiten Wahlgang zu erreichen. Dann werden viele in der EU hoffen, dass die Regel, die bei Orbán als Pech gilt, Präsident Emmanuel Macron und damit auch Europas Demokratien Glück bringt: dass amtierende Politiker in Kriegszeiten selten abgewählt werden.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels schrieben wir, dass der Regierungschef der Slowakei Kiew besucht hatte, nicht Sloweniens. Das haben wir korrigiert.

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