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Fattah al Sissi, ägyptischer Präsidentschaftskandidat.
© dpa

Vor den Wahlen im Mai: Ägyptens Zukunft sieht düster aus

Ende Mai wird in Ägypten gewählt. Der 59 Jahre alte Feldmarschall Abdel al-Sisi dürfte sicherer Gewinner sein. Doch das Land steht schon jetzt am Abgrund - am Ende könnte selbst das alles beherrschende Militär der Verlierer sein.

Auf Plakaten lässt sich der 59-jährige Feldmarschall gerne zusammen mit einem Löwen abbilden. Seit Monaten wird er von seinen Landsleuten gefeiert wie ein von Allah gesandter Retter, umschwärmt als Wunderwesen der Nation, als einziger Sohn Ägyptens, der in seiner Heimat das Unmögliche möglich machen kann. Diese Superman-Rhetorik sagt wenig aus über Abdel Fattah al-Sisis politische Kompetenz, aber umso mehr über die heillose Verzweiflung, in der sich Ägypten befindet. Das Land hat alle Reserven aufgebraucht, ohne die Milliarden vom Golf wäre der Staat längst am Ende. Der Tourismus erlebt die schwerste Krise seit Beginn des Charterflugzeitalters.

Genauso verfahren ist die innenpolitische Lage. Fast täglich kommt es zu Attentaten auf Soldaten oder Polizisten. Auf dem Sinai hat sich eine harte Terrorszene etabliert, die auch in das Niltal einsickert. Und immer mehr Bürgern schwant, dass Machtgebaren und Regierungseffizienz der neuen Herrscher sich wenig unterscheiden von der Praxis der im Sommer 2013 gestürzten Muslimbrüder.

Und so könnte auch Sissis Aura rasch verblassen, wenn nach der Zeit patriotisch-luftiger Reden die Zeit des Bohrens dicker Bretter beginnt. Niemand kennt die politischen Fähigkeiten des gelernten Generals, niemand seine politischen Absichten. Lediglich das auffallend lange Zögern, seine Kandidatur offiziell zu erklären, lässt ahnen, dass dem Oberkommandierenden die ganze Misere erst in hektisch anberaumten Ökonomienachhilfestunden zur Gänze aufgegangen ist. Aber auch der von ihm zusammen mit Polizei und Justiz inszenierte Kampf gegen den Terror hat inzwischen so irrwitzige Züge angenommen, dass selbst Kairos Hauptsponsoren am Golf mulmig wird. Diese wissen, dass die Volkswirtschaft am Nil nur dann wieder auf die Beine kommt, wenn die verfeindeten Lager ihre Konfrontation beenden. Doch danach sieht es nicht aus.

Militärnahe Zeitungen drucken Kommentare gegen Sisi

Wohl einziger Herausforderer Sisis ist der linke Nasserist Hamden Sabahi, der bei der letzten Präsidentenwahl auf dem dritten Platz landete und damals vor allem in der Hauptstadt Kairo punktete. Ihm fällt eine schillernde Schlüsselrolle zu. Wirft er hin und lässt Sisi als Solobewerber übrig, wird dessen Wahl zur Akklamation eines Putschanführers degenerieren. Bleibt er im Rennen und kann gar über 40 Prozent der Stimmen erringen, bekommt der Triumphzug des vormaligen Feldmarschalls von Anfang an einen erheblichen Dämpfer. Schon jetzt drucken ausgerechnet militärnahe Zeitungen auffällig aggressive Kommentare gegen Sisi. Denn die Generäle wissen, sie werden bei der Kandidatur ihres Exchefs wohl oder übel mithaften. Die Armee ist die einzige Institution, die aus ihrem Wirtschaftsimperium noch etwas an das deprimierte Volk zu verteilen hat. Und so könnte Sisis Ehrgeiz in Richtung Staatsspitze ausgerechnet für die Streitkräfte die paradoxe Folge haben, dass ihre fetten Privilegien erstmals öffentlich und tatsächlich zur Disposition stehen.

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