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Andreas Spechtl, Sebastian Janata und Stefan Pabst von Ja, Panik.
© Gabriele Summen/dpa

Ja, Panik live im Berliner SO 36: Zwischen Donner und Blitz

Freibeuter-Utopie trifft Queer-Pop-Hymnen: Ja, Panik geben im Berliner SO 36 ein unaufgeregtes Konzert auf ihrer "Libertatia"-Tour.

Die Markennamen ihrer Instrumente haben Ja, Panik mit schwarzem Tape überklebt. Zwar sind die Gitarrentypen auch ohne diesen Eingriff identifizierbar, aber es geht ums Gesamtbild: Als antikapitalistische Gruppe, die auf ihrem aktuellen Album „Libertatia“ eine basisdemokratische Pirateninsel besingt, achtet man auf so was. Auch die beiden schwarzen Flaggen im Bühnenhintergrund des gut gefüllten SO 36 deuten darauf hin, dass hier aufrechte Anarchos am Werk sind.

Zunächst fehlen der komplett in Schwarz gekleideten Band allerdings ein wenig der Druck und die Geschmeidigkeit – und das ist schade, vor allem für „Post Shakey Time Sadness“: Trotz seines betörenden Gitarren-Leitmotivs verpufft es geradezu. Überhaupt haben es die verspielteren, filigranen neuen Songs der Wiener Wahlberliner schwer angesichts des schlecht abgemischten Sounds. Sowohl das Keyboard als auch der Gesang von Neuzugang Laura Landergott sind kaum auszumachen. Die ebenfalls nach Berlin übergesiedelte Österreicherin unterstützt die vor der letzten Platte vom Quintett zum Trio geschrumpfte Band überdies an der zweiten Gitarre – immerhin die lässt sich hören.

Ja, Panik reißt das Ruder rum

Mit „Time Is On My Side“ ist es dann tatsächlich ein älteres Stück, mit dem Ja, Panik das Ruder rumreißen. Sänger und Gitarrist Andreas Spechtl schaut ausnahmsweise ins Publikum, um seine „nocturnal friends“ zu grüßen. Er singt in seinem Markenzeichen-Mischmasch aus Deutsch und Englisch, veranstaltet eine kurze Rückkopplungsorgie und taucht mit dem Kampfruf „Endlich Inferno“ wieder auf. Von nun an läuft es auch mit den „Libertatia“-Stücken besser. Welch ein Sprung nach vorn der Gruppe damit gelungen ist, zeigt sie bei „Chain Gang“, das sie galant über das Hi-Hat-Tackern tänzeln lässt. Spechtl, der seine einst obligatorische lange Haarsträhne abgeschnitten hat, singt im rosa-hellblauen Licht so lässig davon, „one of the he, she, its between thunder and blitz“ zu sein, dass man hofft, der Song werde bald ins Repertoire der Queer-Pop-Hymnen aufgenommen.

Noch schöner wird es dann bei „Libertatia“, Ja, Paniks vielleicht bestem Song. Von der flauschigen Keyboard-Harmonie über den schicken Dancegroove bis hin zum hippiesken Text stimmt alles. Das Quartett versetzt die ersten Reihen des SO 36 in leichte Tanzbewegung, einige Zuhörer singen den Refrain mit: „One world, one love, no nation / Wo wir sind, ist immer Libertatia / Worldwide befreit, von jeder nation“. Das wiederum wäre doch ein beglückender Soundtrack für die nächste Antiglobalisierungsdemo. Peace.

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