Russell Crowes Regiedebüt: Wo sind meine Söhne?
Auf Spurensuche nach dem Ersten Weltkrieg: In Russell Crowes Regiedebüt „Das Versprechen eines Lebens“ sucht ein australischer Farmer in der Türkei nach seinen gefallenen Söhnen.
In der Komödie „Oh Boy“ gibt es einen schönen Dialog über den filmischen Umgang mit der Realität. „Das basiert doch hoffentlich auf einer wahren Geschichte“, erkundigt sich Tom Schilling alias Niko bei einem befreundeten Schauspieler, nachdem der ihm die hanebüchene Handlung einer Kriegsschmonzette erzählt hat, in der er gerade mitwirkt. „Na klar“, antwortet der, „Zweiter Weltkrieg halt“.
Es geht um die Schlacht um Gallipoli und deren Folgen
Auch „Das Versprechen eines Lebens“ basiert, wie der Zuschauer eingangs erfährt, auf einer wahren Begebenheit. Die Schlacht um Gallipoli, bei der über 100 000 Soldaten ums Leben kamen und mehr als 250 000 verletzt wurden, hat sich 1915 zugetragen. Für das Armeekorps Anzac, die gemeinsamen Streitkräfte Australiens und Neuseelands, die aufseiten der Entente gegen die Türkei kämpften, war die Schlacht die verlustreichste ihrer Geschichte, ein nationales Trauma, dessen noch heute am alljährlichen Anzac Day gedacht wird. Ebenfalls historisch verbürgt ist, dass die königliche Kriegsgräberkommission nach Kriegsende den australischen Leutnant Cyril Hughes damit beauftragte, die gefallenen Soldaten bergen, identifizieren und bestatten zu lassen. In dessen Tagebuch findet sich der Vermerk: „Ein alter Kerl hat es aus Australien bis hierher geschafft, auf der Suche nach dem Grab seines Sohnes.“
Soweit die Fakten. Der Schauspieler und Hollywoodstar Russell Crowe führt nun erstmals Regie und macht gemeinsam mit den Drehbuchautoren Andrew Knight und Andrew Anastasios folgende Story daraus: Der Farmer Joshua Connor (Crowe) hat in Gallipoli seine drei Söhne verloren. Als sich seine Frau aus Trauer das Leben nimmt, macht er sich auf den Weg in die Türkei, um die Leichname der Söhne von dort nach Australien zurückzubringen und auf der heimischen Farm zu beerdigen. So hat er es seiner Frau versprochen. Dabei kommt ihm sein Spürsinn zugute, mit dem er normalerweise Wasseradern ausfindig macht (im Original heißt der Film „The Water Diviner“).
Interessanter als die Räuberpistole ist die Historie selber
Erschwert wird Connors Mission durch politische Unruhen. Die Siegermächte des Ersten Weltkriegs sind dabei, das Osmanische Reich aufzuteilen, es droht ein erneuter Krieg mit Griechenland, auf den Straßen marschieren türkische Nationalisten. Mittendrin unser australischer Farmer, der auch noch jede Menge Abenteuer und nicht zuletzt die Liebe findet. Eine Art Forrest-Gump-Figur in der Nachkriegstürkei, jedoch ohne den geringsten Makel: willensstark, sensibel, integer und todesmutig, wenn es darauf ankommt. Außerdem, wie eine Prostituierte ungefragt berichtet, ist er gut ausgestattet.
Auch die Inszenierung trägt meist dick auf, mit schwülstiger Musik und Zeitlupe in emotionalen Momenten. Mitunter erinnert der vom australischen Fernsehen koproduzierte Film gar an eine Telenovela. Zwischendurch gelingen Crowe jedoch starke Szenen, etwa beim Tod der Brüder auf dem Schlachtfeld. Auch das Thema der Trauer und die Ahnung, dass mit der Anerkennung der gegenseitigen Verluste Versöhnung zwischen Feinden möglich sein kann, klingen glaubhaft an. Aber interessanter als die Räuberpistole selber ist die Historie, auf der sie basiert.
Erster Weltkrieg halt.
In 13 Berliner Kinos. OV: Cinestar Sony-Center, OmU: Alhambra, Cinestar Treptower Park, Colosseum
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