Frankfurt: Wie die Buchmesse mit rechtsextremen Verlagen umgeht
Katzentisch war einmal: Rechtsextreme Verlage wie Antaios präsentieren sich selbstbewusst auf der Frankfurter Buchmesse.
Es ist noch ein überschaubarer Betrieb an diesem ersten Tag auf der 69. Frankfurter Buchmesse, man kommt ohne großes Geschubse und zügigen Schrittes durch die Gänge zwischen den Verlagsständen. Das ist auch in der Halle 3.1 so, wo der rechtsextreme Antaios Verlag aus dem sachsen-anhaltinischen Schnellroda seinen Stand hat, gleich hinter dem der Bildungsstätte Anne Frank. Diese verteilt Buttons, auf dem wie bei den Rolling Stones ein offener Mund zu sehen ist, nur dass keine Zunge rausschaut, sondern die Worte „Mut mutiger Mund auf!“ stehen.
Auch die Frau von Antaios-Verleger Götz Kubitschek, Ellen Kositza, trägt diesen Button: „Warum nicht? Find’ ich gut“. Vor zwölf Jahren saß Antaios zwischen Kopierern und Papierschreddern, erzählt Kositza. Das ist dieses Mal anders. Gegenüber hat die Buchmesse den Stand der Amadeu-Antonio-Stiftung platziert, die sich ausdrücklich gegen Rassismus und Rechtsextremismus richtet. Nach Äußerungen von deren Pressesprecher Robert Lüdicke über die rechten Standnachbarn hat Kositza sich bemüßigt gefühlt, einen Offenen Brief zu schreiben.
„Klischees und Parolen entkräften“
Darin weist sie nicht nur einmal mehr auf die Stasi-Vergangenheit von Stiftungschefin Anetta Kahane hin, sondern lädt Lüdicke zu einem öffentlichen Gespräch ein, nachdem dieser gesagt hatte, die Antaios-Leute wären nicht gesprächsbereit: „Gängige Klischees und Parolen entkräften, das können wir auch, und zwar besser als Sie sich das im Traum vorstellen können. Und entgegen Ihrer Annahme reden wir gern. Mit jedem! Nur zu!“
So machen sie das an ihrem Stand, mit durchaus freundlichen Mitarbeitern. Es gibt natürlich die neuen Bücher, darunter das von den beiden Identitären Martin Lichtmesz und der Helmut-Lethen-Ehefrau Caroline Sommerfeld, „Mit Linken leben“, das am Samstagnachmittag vorgestellt wird, eine halbe Stunde vor einer Veranstaltung mit Akif Pirinçci. Gut möglich, dass es Proteste geben wird, diese Buchvorstellungen gestört werden. So wie es überhaupt Kritik an der Messeleitung gegeben hatte, den Antaios-Stand zuzulassen. Was wiederum den Geschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis auf den Plan rief, der eine neue Debattenkultur einfordert: „Wir haben komplett verlernt, uns mit Themen auseinanderzusetzen, die uns nicht passen.“
Wegweiser für das „rechtsintellektuelle Milieu“
„Mit Rechten reden“ heißt dann auch ein Buch, das einen Abend vorher bei einem Essen des Klett-Cotta Verlags präsentiert wurde. Bei dieser Messe ist das möglich, auch an anderen Ständen wie denen der „Jungen Freiheit“, des neuen rechten Magazins „Cato“ und der Verlage Karolinger, Ares und Manuscriptum. Von „einem Schaulaufen der Rechten“ warnte die „Frankfurter Rundschau“ deshalb, was angesichts der Größe der Messe und der Vielzahl der anderen Aussteller übertrieben anmutet. Bei Antaios glaubt man das vermutlich ebenso – und versucht, die eigene Szene größer zu machen. Ein „Flugblatt“, das der Verlag am Stand verteilt, gibt einen „Wegweiser durch unsere Szene“, mit Hinweisen auf das „rechtsintellektuelle Milieu, das AfD-Milieu“ und bei welchen Verlagen und in welchen Hallen das vertreten ist. „Manche Verlage tragen längst auf beiden Schultern Wasser “, heißt es in eigentümlicher Diktion auf dem Flugblatt.
Darunter sind Verlage wie Hanser, Campus, Knaus, Fischer, Suhrkamp oder Wallstein gelistet, und dahinter (in Klammern!) die Autoren, die dort verlegt werden und „etwas für uns bereithalten“, von Botho Strauß bis Jörg Baberowski, von Robin Alexander über Walter Kempowski bis zu Matthias Matussek und Lorenz Jäger. Ob diese Autoren es gutheißen, auf diese Weise vom Antaios Verlag ins rechte Milieu eingemeindet zu werden?