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Von Erinnerungen gejagt: Eine Seite aus dem besprochenen Run von „Moon Knight“.
© Panini

„Moon Knight“: Werwölfe auf dem Mond

Jeff Lemire lässt in seinem „Moon Knight“-Run einer kaum beachteten Figur Gerechtigkeit widerfahren. Ab Donnerstag ist der Autor in Deutschland zu Gast.

Seit seinem ersten Auftauchen – 1975 als Schurke in der Heftserie „Werewolf By Night – segelt der Mann mit der weißen Kapuze immer ein bisschen unter jedermanns Radar. Selbst die großartigen Abenteuer, die Moon-Knight-Schöpfer Doug Moench und der Ausnahmezeichner Bill Sienkiewicz Anfang der 80er Jahre erfanden, liefen nur nur unter dem etwas lahmen Motto „Marvels Batman“. In der Miniserie „Fist Of Konshu“ wurde Moon Knight dann mit Schizophrenie diagnostiziert und genau an dieser Stelle knüpft die neue Serie des Kanadiers Jeff Lemire an, deren deutsche Übersetzung seit kurzem vollständig vorliegt.

Moon Knights alter ego Marc Spector findet sich hier in einer Klapsmühle wieder, gefoltert von sadistischen Pflegern und Doktoren und von erratischen Erinnerungen an die Vergangenheit gejagt. Es sind die Götter des alten Ägypten, die eine Invasion von Spectors Realität planen. Die Flucht aus dem Irrenhaus gelingt zwar, aber das verbessert nichts an Spectors Geisteszustand.

Die merkwürdigen Ecken des Marvel-Universums

In einem überaus cleveren und spannenden Plot, der teilweise ins schwer Satirische abgleitet, muss Spector herausfinden, was Realität und was Visionen sind: Da gibt es Spitzen gegen das Marvel Cinematic Universe, auf dem Mond greifen mutierte Werwölfe an und die ägyptischen Gottheiten tun alles, damit Moon Knight immer wahnsinniger wird.

Dafür hat Lemire hier „nur“ als Autor agiert, gleich vier außergewöhnliche Zeichner angeheuert. Deren Stil ist schwer von europäischen Comics, wie etwa der Alexander-Nikopol-Trilogie von Enki Bilal geprägt. Was schon für die „Hawkeye“-Serie von Matt Fraction galt, ist auch hier zu sehen: Es sind die merkwürdigen Ecken des Marvel-Universums, in denen zur Zeit die interessantesten Comics erschaffen werden. Und es sind bisher wenig beachtete Nebenfiguren wie Moon Knight, denen hier endlich etwas Gerechtigkeit widerfährt.

Komplett: Das Cover des dritten und letzten Bandes von Jeff Lemires „Moon Knight“.
Komplett: Das Cover des dritten und letzten Bandes von Jeff Lemires „Moon Knight“.
© Panini

Jeff Lemire (Text), Francesco Francavilla, Greg Smallwood, James Stokoe, Wilfredo Torres (Zeichnungen): Moon Knight, abgeschlossen in drei Bänden, Panini, aus dem amerikanischen Englisch von Bernd Kronsbein, je 116/132 Seiten, je 14,99/16,99 Euro

Veranstaltungshinweis: Jeff Lemire wird ab Donnerstag beim Internationalen Comic-Salon Erlangen mit einer Ausstellung geehrt, er spricht dort bei mehreren Veranstaltungen über seine Arbeit und signiert. Am 4. Juni ab 17.30 Uhr tritt er zudem bei einer Veranstaltung in der Kanadischen Botschaft in Berlin auf (Eintritt frei, Anmeldung hier).

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