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Kerem Tuncer (Geige), Ben Goldscheider (Horn) und Giuseppe Guarrera (Klavier)
© Pierre Boulez Saal

Barenboim-Said-Akademie: Wenn mittags der Mond leuchtet

Die Barenboim-Said-Akademie hat im Herbst ihren Betrieb aufgenommen. Die Studierenden geben nun eine erste Kostprobe ihres Könnens im Boulez Saal.

Die Dozenten-Liste ist beeindruckend: Der frühere Berliner Philharmoniker Radek Baborak unterrichtet Horn, die Geiger werden an der Barenboim-Said-Akademie von der renommierten Solistin Mihaela Martin betreut sowie von Alex Wilczok, einem der Konzertmeister der Berliner Staatskapelle. Und zu den Lehrern im Bereich Kammermusik zählt auch Daniel Barenboims Sohn Michael. Seit letztem Herbst läuft der Betrieb an dieser ungewöhnlichen Musikhochschule, an der ein Drittel der Unterrichtszeit für philosophische, geschichtliche und sozialwissenschaftliche Kurse reserviert ist. Ihre musikalischen Fortschritte präsentieren die Studierenden jetzt in diversen Formationen, im hauseigenen Pierre Boulez Saal natürlich.

Effektvoll beginnt Volker David Kirchners 1987 entstandenes „Lamento d'Orfeo“: Ben Goldscheider muss sich so zum Flügel positionieren, dass die Töne seines Horns direkt auf die Saiten abstrahlen: Weil Giuseppe Guarrera derweil mit dem Fuß das rechte Pedal gedrückt hält, entsteht durch den Nachhall im Klavierkorpus eine faszinierende akustische Weite. Später wird der Pianist beherzt ins Instrument greifen und die tiefsten Saiten anreißen, damit ein Donnergrollen die Fanfaren des Horns grundiert.

Für Johannes Brahms’ Es-Dur-Trio gesellt sich der türkische Geiger Kerem Tuncer zum Briten Goldscheider und dem Italiener Guarrera, den wiederum ein Kommilitone aus Syrien als Notenumblätterer unterstützt. Ein wenig zaghaft wirkt der erste Satz noch, vorsichtig und tastend vorgetragen. Die jungen Interpreten sind wohl ganz schön beeindruckt von der Kulisse, denn an diesem Dienstag zur Mittagszeit ist das Oval des Saals tatsächlich fast ausverkauft.

Der Berliner Pierre Boulez Saal der Barenboim-Said-Akademie.
Der Berliner Pierre Boulez Saal der Barenboim-Said-Akademie.
© AFP / dpa / Maurizio Gambarini

Das Sonnenlicht, das beim Einlass des Publikums noch hereinstrahlte, haben lautlos herabgleitende Jalousien ausgesperrt, Frank Gehrys anatomisches Theater für Klassiker-Autopsien liegt jetzt im romantischen Dämmer, nur die Spielfläche bleibt erhellt, wie eine mondbeschienene Waldlichtung. Das schafft die ideale Atmosphäre für Brahms, bei dessen zweitem Satz sich die Interpreten nun freigespielt haben, den jugendlichen Schwung hören lassen, den man von ihnen erhoffte. Wie intensiv die Probenarbeit mit den Dozenten war, wird im Adagio deutlich, weil hier sowohl der große Spannungsbogen stimmt wie auch der Ausdruck im Detail. Befreit klingt anschließend das Finale: Uff, geschafft! Langer Applaus ist der Lohn.

Das nächste Kurzkonzert der Studierenden findet am 8. Juni um 13 Uhr statt.

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