„Avengers: Age of Ultron“: Weltenretten für Fortgeschrittene
Als Kinohelden kennt die Avengers inzwischen fast jeder, am 23. April läuft „Avengers: Age of Ultron“ in Deutschland an. Aber was treiben die Rächer eigentlich gerade in ihrem Ursprungs-Medium, dem Comic-Heft?
Wie auch ihre Vorlage hat Hollywoods jüngste Comic-Verfilmung „Avengers: Age of Ultron“, die am kommenden Donnerstag in Deutschland anläuft, ein erzählerisches Problem zu bewältigen: Als Superhelden besitzen die Avengers Fähigkeiten, mit denen sie die Gesellschaft frei nach ihrem Gusto formen könnten – und doch beschränken sie sich darauf, kostümiert den Status Quo zu wahren. Im Comic ist es dem Marvel-Verlag gelungen, diese reichlich infantile Prämisse durch ein komplexes fiktives Universum zu verschleiern.
Superhelden-Teams wie die 1963 von Jack Kirby und Stan Lee geschaffenen Avengers fungieren dabei als Knotenpunkte, an denen etliche Protagonisten, Parallelwelten und Handlungsstränge aufeinandertreffen. Wohl kaum eine Comic-Serie erfüllt diese Aufgabe besser als „Avengers“: Menschen, Roboter, Außerirdische, Mutanten, Götter und selbst ehemalige Superschurken zählten im Laufe der Jahrzehnte zu den Mitgliedern dieses sich ständig im Wandel befindlichen Teams – ein Schmelztiegel, der in gewisser Weise auch die moderne Welt mit ihren Gegensätzen und Grautönen reflektiert.
Wenn Helden nicht gewinnen können
Viel deutlicher als im Film wird das noch in der aktuellen Comic-Ausgabe (auf Deutsch bei Panini), die mehr Raum für Kontraste bietet: Hauptprotagonisten der Kinofassung wie etwa Iron Man tauchen hier plötzlich als Gegenspieler der Avengers auf; Reed Richards (Mr. Fantastic) agiert im selben Heft als Teenager und rüstiger Senior, während Miles Morales, ein junger Afro-Amerikaner, als Spider-Man auftritt.
Wie im Film steht auch im Geschehen des Comics nichts Geringeres als das Schicksal der Welt auf dem Spiel. Jonathan Hickman, der zurzeit die „Avengers“-Hauptserie schreibt, kann seine auf drei Jahre angelegte Fortsetzungsgeschichte allerdings wesentlich vielschichtiger ausgestalten und auf eine Besetzungsliste zurückgreifen, die jede Kino-Produktion gesprengt hätte. Dabei spielt Hickman in streng durchkomponierten Handlungsbögen unter anderem durch, wie Superhelden auf eine Situation reagieren würden, in der sie nicht gewinnen können.
Zu Beginn der aktuellen Comic-Handlung brechen die Avengers in Richtung Mars auf, um sich dort drei mächtigen Wesen entgegenzustellen, die das irdische Leben im Auftrag der Builder, einer uralten Schöpfer-Spezies, vernichten beziehungsweise neu modellieren wollen. Was zunächst wie eine herkömmliche Superhelden-Herausforderung erscheint, entwickelt sich zu einer Bedrohung, die kosmische Ausmaße annimmt (und sich parallel in zwei unterschiedlichen Titeln, „Avengers“ und „New Avengers“, entfaltet).
Schon bald ist nicht mehr nur die Erde in Gefahr: Das gesamte Multiversum fällt in sich zusammen, Parallelwelt um Parallelwelt wird vernichtet. Im Zuge dieses Szenarios, das an die Ereignisse der bekannten Miniserie „Crisis on Infinite Earths“ des Konkurrenzverlags D.C. aus den 1980er Jahren erinnert, wird Hickmans Story dann auch zu einer Betrachtung über Macht und die Konsequenzen des Handelns beziehungsweise Untätigbleibens. Denn, wie sich schließlich herausstellt, muss, wer in dieser kosmischen Katastrophe eine Welt retten will, andere Welten vernichten.
Außerdem geraten drei Figuren in den den Mittelpunkt der Handlung, die im Marvel-Universum nicht nur als Superhelden, sondern auch als Könige agieren: Namor (König von Atlantis), Black Bolt (Herrscher über die Inhumans, eine genetisch modifizierte menschliche Rasse) und Black Panther (ehemaliger König des fiktiven Staates Wakanda) sind mit der Verantwortung und den Gefahren, die Macht mit sich bringt, nicht allein als Superhelden vertraut und geben damit passende Protagonisten für diese Erzählung ab.
Am Anfang stand eine kaufmännische Überlegung
Die frühen „Avengers“-Geschichten waren von abstrakteren Fragen, wie Hickman sie aufwirft, noch weit entfernt und recht anspruchslos. Das erste Heft der Serie ging aus einer simplen kaufmännischen Überlegung hervor: der Idee, dass Marvels Umsätze sich womöglich leicht steigern ließen, wenn man die Superhelden des Verlags, die noch über keine eigenen Titel verfügten, als Team in einer neuen Serie zusammenführte.
Auch die ersten Avengers-Abenteuer leiden wie so viele ältere Marvel-Comics unter Stan Lees Hang zum Ad-hoc-Erzählen, in dem wenig wirklich gekonnt motiviert wird. Ihren Team-Namen etwa wählen die Avengers (zu Deutsch: „Rächer“) nicht, wie man vermuten könnte, um sich damit auf ein bestimmtes Ereignis zu beziehen, sondern weil er „schillernd und dramatisch“ klingt. Aber obwohl die frühen Avengers-Comics längst nicht mit einer Raffinesse erzählt werden, wie Hickman und andere sie später mitbringen, sind doch auch hier schon einige der für die Reihe charakteristischen Züge erkennbar. So wird etwa The Hulk, der im Marvel-Universum zuvor eher als reines Monster in Erscheinung trat, mit dem ersten Avengers-Heft zum echten Superhelden. Ähnliche Wandlungen fanden sich auch in späteren Geschichten immer wieder.
Über die Jahrzehnte entwickelte sich aus „Avengers“ dann ein in viele Heftreihen hineinwucherndes Werk, das heute an Erzählsträngen jede TV-Soap-Opera übertrumpft.
Im Kino mit seinen ungleich höheren Produktionskosten pro Film kann Marvel dies schwerlich reproduzieren und büßt damit auch einiges an erzählerischer Wucht ein. Die meisten Avengers-Fans werden „Age of Ultron“ dennoch nicht verpassen wollen.
Die Comics mit den Abenteuern der Avengers gibt es auf Deutsch bei Panini, der Film startet am 23. April in den deutschen Kinos.
Verlosung: Wir verlosen unter unseren Leserinnen und Lesern 5 x 2 Freikarten für die Vorführung von „Marvel's Avengers: Age Of Ultron“ am 24. April um 19:45 Uhr im Cinestar Imax im Sony Center Berlin (deutsche Fassung). Wer zwei Karten gewinnen will, sende uns eine E-Mail mit der Betreffzeile "Avengers" an comics@tagesspiegel.de und beantworte folgende Frage: Wer schuf in den 1960er Jahren die Avengers? Bitte Namen und Anschrift nicht vergessen, die Gewinner werden per E-Mail benachrichtigt.
Florian Friedman
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